Zentralbanken und Politiker zu Eingreifen wegen Coronavirus bereit
Die Europäische Zentralbank (EZB) will gegebenenfalls eingreifen, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise abzufedern. Wie AFP am Dienstag aus EZB-Kreisen erfuhr, will sich der Rat der Notenbank bei seinem nächsten Treffen am 12. März über "angemessene und gezielte Maßnahmen" zur geldpolitischen Minderung abstimmen, wie sie Präsidentin Christine Lagarde in Aussicht gestellt hatte.
Einige Analysten halten nun einen weiter ins Negative sinkenden Einlagezins zur Förderung der Kreditvergabe für möglich - gleichzeitig sind Beobachter skeptisch, dass die EZB angesichts ihrer ohnehin schon lockeren Geldpolitik der Wirtschaft noch starke Anreize bieten kann.
Derweil kündigte auch der scheidende Chef der Bank of England, Mark Carney, am Dienstag an, die britische Zentralbank werde "alle nötigen Schritte" zur Stützung der Wirtschaft unternehmen. Ein ähnliches Versprechen gilt auch in den USA: Dort hatte Notenbankchef Jerome Powell bereits am Freitag erklärt, seine Bank werde alle "Instrumente nutzen und angemessen handeln", um die Wirtschaft zu unterstützen.
Die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus hatte die Aktienkurse in der vergangenen Woche weltweit auf Talfahrt geschickt. Am Dienstag stieg der Deutsche Leitindex Dax an der Börse in Frankfurt am Main zunächst wieder deutlich über die Marke von 12.000 Punkten und gewann über 1,5 Prozent zum Handelsschluss am Vorabend.
CSU-Chef Markus Söder plädierte angesichts der gesunkenen Konjunkturaussichten der OECD dennoch für rasche Wirtschaftshilfen der Bundesregierung. "Wir müssen jetzt über Konjunkturpakete nachdenken", sagte der bayerische Ministerpräsident dem "Münchner Merkur" (Dienstagsausgabe) und kündigte an, darüber mit der CDU und SPD beim nächsten Treffen des Koalitionsausschusses am Sonntag beraten zu wollen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte sich am Wochenende offen für solche Vorschläge gezeigt. "Wenn die Lage es erfordert, dass ein solcher Impuls nötig wird, haben wir auch die Mittel, ein Konjunkturprogramm aufzulegen", sagte Scholz der "Welt am Sonntag". Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich zuletzt zurückhaltender zu einem möglichen Konjunkturpaket, brachte aber steuerliche Anreize für Unternehmen ins Gespräch.
Unterdessen fielen weitere Großveranstaltungen in Deutschland dem Coronavirus wegen des Virus aus. Die für kommende Woche angesetzte Leipziger Buchmesse wurde abgesagt, wie ein Stadtsprecher am Dienstag sagte. Die Messe gilt als Publikumsmagnet der Buch- und Medienbranche mit jährlich fast 300.000 Besuchern. Die Deutsche Messe in Hannover verschob zwei für März geplante Branchentreffen: die IT-Messe Twenty2X soll nun im Juni stattfinden, für die Messe Halal Hannover steht noch kein Nachfolgetermin.
Im Bemühen um eine Eindämmung der Epidemie wurde auch die Internationale Handwerksmesse in München samt traditionellem Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesagt. "Es war bereits alles vorbereitet", erklärte der Präsident des Handwerksverbands ZDH, Hans Peter Wollseifer. Die Absage sei aber "unumgänglich" gewesen, um "Infektionsketten keineswegs noch zu befördern".
Dieselbe Absicht verfolgen auch zunehmend international tätige Unternehmen. Neben dem Verzicht auf nicht unbedingt nötige Geschäftsreisen rief das US-Onlinenetzwerk Twitter seine Mitarbeiter weltweit zur Heimarbeit auf. Ziel des Appells ist laut Twitter-Personalchefin Jennifer Christie, die Wahrscheinlichkeit einer Ausbreitung der Lungenerkrankung Covid-19, die durch das Coronavirus ausgelöst werden kann, "für uns zu verringern - und die Welt um uns herum".
(M.Dorokhin--DTZ)