Löws Not-Elf holt sich Schwung: Sieg gegen Tschechien
Die ziemlich reife Leistung seiner jungen Garde hatte Joachim Löw gefallen. Der Bundestrainer klatschte mit seinem Assistenten Marcus Sorg ab, lächelte und wirkte im neuen Lieblingsspielort Leipzig generell gelöst. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat sich auch ohne Manuel Neuer und Co. Schwung für die entscheidenden Nations-League-Duelle geholt.
Löws Not-Team mit zwei Debütanten gewann am Mittwoch das Test-Länderspiel gegen das ebenfalls stark ersatzgeschwächte Tschechien mit 1:0 (1:0). In Leipzig siegte die DFB-Auswahl zum zehnten Mal in Folge - Rekord von Hannover eingestellt.
"In der Konstellation werden wir wohl nicht mehr zusammenspielen. Aber die Jungs haben sich reingehängt, ich bin zufrieden", sagte Löw im RTL-Interview. "Das war der Sieg, den wir wollten. Insgesamt war das echt in Ordnung. Mit den Neuen können wir auch zufrieden sein." Der starke Gladbacher Florian Neuhaus fügte hinzu: "Wir haben das gut verteidigt. Jetzt wollen wir am Samstag definitiv gegen die Ukraine gewinnen."
Luca Waldschmidt (Benfica Lissabon) erzielte bereits in der 13. Minute mit seinem zweiten Länderspieltor den Siegtreffer - mustergültig vorbereitet von Debütant Philipp Max. Der Linksverteidiger von der PSV Eindhoven wusste auf Anhieb zu überzeugen, während auf der rechten Abwehrseite Ridle Baku (VfL Wolfsburg) bei seiner Premiere etwas wackelte. Neuhaus traf das Lattenkreuz (77.).
Sehr viele Erkenntnisse konnte Löw aus seinem insgesamt 70. Testspiel als Bundestrainer aber nicht ziehen. Schon am Samstag (20.45 Uhr/ZDF) im vorletzten Nations-League-Spiel an selber Stelle gegen die Ukraine wird eine völlig andere Mannschaft auf dem Platz stehen. Dann stoßen auch die geschonten Münchner Triple-Gewinner um Kapitän Neuer und andere Stammspieler zum Team. Mit einem Erfolg kämpft die DFB-Auswahl zum Jahresabschluss am kommenden Dienstag in Sevilla gegen Spanien um den Gruppensieg in der Nationenliga.
Nicht im Kader stand am Mittwoch Torhüter Oliver Baumann. Der Profi der TSG Hoffenheim verließ nach zahlreichen Coronafällen bei seinem Klub das Team-Quartier und begab sich als Vorsichtsmaßnahme in häusliche Quarantäne. Deutlich schlimmer hatte es jedoch Tschechien erwischt, der Weltranglisten-45. beklagte zahlreiche Ausfälle durch positive Tests und Verletzungen.
Trotzdem tat sich die neuformierte deutsche Mannschaft anfangs schwer, im Spielaufbau fehlte es eindeutig an den Automatismen. England-Legionär Ilkay Gündogan, der in seinem 40. Länderspiel zum zweiten Mal die Kapitänsbinde trug, war in seinem 45-Minuten-Auftritt zwar um Organisation und kreative Ideen bemüht. Doch die erste Torchance hatten die Tschechen durch Kapitän Borek Dockal (5.).
Der Führungstreffer gab dem jungen DFB-Team etwas Schwung, der auch von der verletzungsbedingten Auswechslung von Jonas Hoffmann nach 20 Minuten nicht gebrochen wurde. Gündogan (28.) und vor allem Julian Brandt (32.) sowie der eingewechselte Nadiem Amiri (42.), die ihre Großchancen fast kläglich vergaben, hätten für eine beruhigendere Halbzeitführung sorgen können.
Nach dem Seitenwechsel änderte sich am Spiel kaum etwas, Deutschland blieb spielbestimmend, ohne den ganz großen Zug zum Tor zu entwickeln. Die Tschechen, bei denen der starke Bremer Jiri Pavlenka das Tor hütete, hatten zwar nun öfters den Ball, doch sie wussten damit nur selten etwas Vernünftiges anzufangen. Die DFB-Abwehr, in der Robin Koch in zentraler Position als aufmerksamer Organisator und starker Zweikämpfer herausragte, hatte kaum Probleme.
In der 51. Minute hatte das Löw-Team Pech, als ein klares Handspiel des Tschechen Tomas Soucek im Strafraum nicht mit Elfmeter geahndet wurde. Ein Video-Schiedsrichter wurde bei dem Testspiel nicht eingesetzt. Später vergab der eingewechselte Mahmoud Dahoud (60.) freistehend.
Gegen Ende geriet die DFB-Elf doch unter Druck, Löw schimpfte an der Seitenlinie. Dann setzte Neuhaus den Ball mit Wucht gegen die Torstange - Torhüter Kevin Trapp rettete anschließend noch gegen Matej Vydra (82.).
(B.Izyumov--DTZ)