Offene Grenzen in Europa - aber der Rest der Welt bleibt für Reisen tabu
Offene Grenzen in Europa, aber fortdauernde Reisewarnungen für den Rest der Welt - das ist die neue Linie der Bundesregierung in der Corona-Pandemie. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin, die Kontrollen an den deutschen Grenzen bis Montag zu beenden. Vor Reisen außerhalb der EU warnt sie aber weiterhin ausdrücklich: Die Reisewarnungen für mehr als 160 Staaten außerhalb der EU werden bis Ende August verlängert.
Die Reisewarnung gilt für alle Länder mit Ausnahme der EU, der Schengen-assoziierten Staaten und Großbritanniens. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, anders als bei den europäischen Nachbarn gebe es für den Rest der Welt "noch nicht die gemeinsamen belastbaren Datengrundlagen, Kriterien und Abstimmungsprozesse, die einen uneingeschränkten Reiseverkehr ohne unkalkulierbare Risiken wieder möglich machen".
Maas betonte: "Wir können und werden nicht riskieren, dass im Sommer erneut Deutsche in aller Welt stranden oder Urlaubsrückkehrer das Virus unentdeckt nach Deutschland tragen." Am Donnerstag will Maas nach Angaben eines Sprechers mit den Außenministern von zwölf EU-Staaten darüber beraten, welche gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen für die Wiederaufnahme des Reiseverkehrs gelten sollen.
Mit Blick auf beliebte Reiseziele wie die Türkei, Nordafrika oder Südostasien und Amerika sagte Maas, ab wann solche Reisen zu touristischen Zwecken wieder vertretbar sind, werde vom Verlauf der Pandemie abhängen. "Wo das Gesamtpaket aus positiver Pandemieentwicklung, einem stabilen Gesundheitssystem, stimmigen Sicherheitsmaßnahmen für den Tourismus und verlässlichen Hin- und auch Rückreisemöglichkeiten das zulässt, können wir möglicherweise schon früher von einer Reisewarnung zu Reisehinweisen zurückkehren."
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, die wegen der Corona-Pandemie verhängten Kontrollen sollten sich bis Montag "allmählich ausschleichen". Wegen der Pandemie hatte Deutschland Grenzkontrollen an den Grenzen zu Österreich, der Schweiz, Frankreich, Luxemburg und Dänemark eingeführt, die in den vergangenen Wochen schon zurückgefahren worden waren.
Die noch bestehenden Grenzkontrollen werden laut Seehofer ab sofort bis zum 15. Juni schrittweise zurückgefahren. Dies betreffe sowohl die Zahl der kontrollierten Grenzübergänge als auch den personellen Aufwand.
Eine Sonderregelung gibt es für Spanien. Dort soll der Reiseverkehr nach den Worten Seehofers wieder ab dem 21. Juni möglich sein. Das betrifft vor allem den Luftverkehr. Zudem müssen Menschen aus Schweden in vielen Bundesländern eine Quarantäne antreten. In Schweden, das weniger restriktiv mit der Pandemie umgeht, gibt es eine verhältnismäßig hohe Sterberate unter den Infizierten. Seehofer begrüßte ausdrücklich die Quarantäne für Menschen aus dem skandinavischen Land, dies ist aber Sache der Bundesländer.
Seehofer äußerte zugleich die Erwartung, dass bis Ende Juni alle Grenzkontrollen innerhalb der EU aufgehoben werden. Wenn sich die Situation in dem einen oder anderen Land wieder verschlechtern solle, müsse überlegt werden, was zu tun ist, sagte der Minister weiter.
Noch keine Entscheidung hat das Bundeskabinett zu den Einreisen aus Drittstaaten außerhalb der EU getroffen. Seehofer begründete dies damit, dass sich hier die EU noch nicht festgelegt habe. Die derzeitigen Beschränkungen gelten somit bis Ende Juni weiter.
Die FDP kritisierte, Seehofers Ankündigung komme zu spät. "Schon vor Wochen hätten die Binnengrenzkontrollen in Europa auslaufen können", erklärte der Innenexperte Konstantin Kuhle. Es fehle zudem eine sichere Perspektive für die deutsch-polnische Grenzregion. Nach Angaben von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will Polen die Grenze für Reisende aus Deutschland in der Nacht zu Samstag aber wieder öffnen.
(I.Beryonev--DTZ)