Australien lässt mutmaßliche Kriegsverbrechen von Soldaten in Afghanistan untersuchen
Australiens Regierung hat einen Sonderstaatsanwalt ernannt, der mutmaßliche Kriegsverbrechen australischer Spezialeinheiten in Afghanistan untersuchen soll. Premierminister Scott Morrison sagte am Donnerstag, australischen Soldaten werde "ernstes und möglicherweise kriminelles Fehlverhalten" in Afghanistan vorgeworfen. Mit der Ernennung des Sonderstaatsanwalts will die Regierung einem Einschreiten des Internationalen Strafgerichtshofs zuvorkommen.
In Australien waren Berichte aufgetaucht, wonach Elitesoldaten in Afghanistan Zivilisten und Gefangene getötet haben sollen. "Mit ehrlichen und brutalen Wahrheiten" müsse man umgehen, sagte Morrison. Möglicherweise hätten australische Soldaten die an sie gerichteten "Erwartungen und Standards nicht eingehalten".
Der Einsatz eines Sonderstaatsanwalts ermöglicht es der australischen Justiz, Armeeangehörige bei schweren Vergehen strafrechtlich zu verfolgen. Seine Ernennung ist eine Kehrtwende in der Aufarbeitung der Vorwürfe über mutmaßliche Kriegsverbrechen in Australien.
Die Regierung des Landes hatte jahrelang versucht, Berichte von Whistleblowern über das mutmaßliche Fehlverhalten australischer Soldaten zu unterdrücken. Zeitweise ermittelte die Polizei gegen Reporter des Fernsehsenders ABC, nachdem 2017 in den "Afghanistan-Akten" erstmals über die mutmaßlichen Kriegsverbrechen berichtet wurde.
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 hatte Australien mehr als 26.000 Soldaten nach Afghanistan entsandt, um unter anderem an der Seite der US-Armee gegen islamistische Milizen wie die Taliban und Al-Kaida zu kämpfen. 2013 zog Australien die Truppen aus dem Land ab. Seither gab es immer wieder schwere Anschuldigungen gegen australische Elite-Soldaten; sie reichen von der Tötung eines Sechsjährigen bei einer Hausdurchsuchung bis hin zur Erschießung eines Gefangenen, um mehr Platz in einem Hubschrauber zu schaffen.
(U.Stolizkaya--DTZ)