Deutsche Tageszeitung - Frühere Kohlekommissionsmitglieder werfen Regierung Abkehr von Kompromiss vor

Frühere Kohlekommissionsmitglieder werfen Regierung Abkehr von Kompromiss vor


Frühere Kohlekommissionsmitglieder werfen Regierung Abkehr von Kompromiss vor
Frühere Kohlekommissionsmitglieder werfen Regierung Abkehr von Kompromiss vor / Foto: ©

Nach dem Bund-Länder-Kompromiss zum Kohleausstieg haben frühere Mitglieder der Kohlekommission der Bundesregierung vorgeworfen, von dem 2019 vorgelegten Konzept des Gremiums abgerückt zu sein. Mit der vergangene Woche erzielten Bund-Länder-Einigung sei der ursprüngliche Kompromiss der Kohlekommission "klar und sehr einseitig" verlassen worden, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme mehrerer Klimaexperten und Umweltverbänden.

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Durch die Bund-Länder-Einigung vom 15. Januar seien "Buchstaben und Geist" der ein Jahr zuvor erzielten Kommissionsempfehlungen "grob verletzt" worden, kritisierten die früheren Mitglieder der Kohlekommission. Die frühere Kommissionschefin Barbara Praetorius sagte bei der Vorstellung des Papiers, die Bundesregierung habe den Kohlekompromiss "an entscheidenden Stellen aufgekündigt".

Der Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert, sagte, schon das in der Kommission 2019 ausgehandelte Konzept habe in der Umweltbewegung "blankes Entsetzen" ausgelöst. Mit dem nun vorgelegten Plan von Regierung und Kohleländern seien alle Bemühungen "vom Tisch", das Thema gesellschaftlich zu befrieden. Er fühle sich von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den beteiligten Ministerpräsidenten "schlichtweg betrogen".

Zur Begründung wird in dem Papier auf die umstrittene Inbetriebnahme des neuen Kraftwerks Datteln IV verwiesen. Damit stiegen auch bei den Steinkohlekraftwerken die Emissionen, wenn der Kapazitätsabbau bei anderen Kraftwerken nicht deutlich verstärkt werde. "Dafür reicht es nicht, äquivalente Kraftwerkskapazitäten vom Markt zu nehmen, sondern es müssen mindestens die äquivalenten CO2-Mengen eingespart werden", betonen die Klimaexperten.

Die Bundesregierung hatte eingeräumt, dass die Inbetriebnahme von Datteln IV zusätzliche CO2-Emissionen hervorrufen werde. Sie will dies durch den Abbau anderer Kapazitäten aber voll kompensieren.

Zudem sei die wegen des Braunkohletagebaus geplante "unnötige und unwiederbringliche Zerstörung von Dörfern nicht akzeptabel", heißt es in der kritischen Stellungnahme weiter. "Empörend" sei es, den Braunkohleabbau um den Hambacher Forst herum fortsetzen zu wollen. Zudem enthalte die gerade erzielte Kohlevereinbarung nicht die für den Ausbau der Erneuerbaren Energien nötigen Festlegungen.

Der Bund und die Länder mit Braunkohleförderung hatten sich am 15. Januar auf einen Fahrplan für die Abschaltung von Kraftwerken geeinigt. Der erste Kraftwerksblock soll Ende 2020 vom Netz, große Anlagen aber erst im kommenden Jahrzehnt.

Die vor knapp einem Jahr erzielte Einigung der Kohlekommission mit Vertretern aus Politik, Industrie, Wissenschaft und Gewerkschaften sah vor, ab 2022 bis 2030 die Kraftwerkskapazitäten stetig abzubauen und sie spätestens 2038 auslaufen zu lassen. Neue Kraftwerke sollten demnach nicht in Betrieb genommen werden.

(P.Vasilyevsky--DTZ)

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