Regierung vereinbart Treffen mit Handel zu billigen Lebensmitteln
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will gemeinsam mit den Bauern in Deutschland "gute neue Wege finden", um die Zukunft der Branche zu sichern und ihr Ansehen zu stärken. Bei einem Gipfeltreffen im Kanzleramt vereinbarte die Regierung am Montag mit Bauernverbänden und weiteren Branchenvertretern Treffen etwa zu Billigangeboten bei Lebensmitteln oder eine "Wertschätzungskampagne" für Produkte und Erzeuger. Opposition und Umweltschützer kritisierten die Zusammensetzung des Gipfels und die Ergebnisse als mager.
Merkel würdigte zum Auftakt des Treffens die Landwirtschaft als "ganz wichtigen Teil der Gesellschaft", die eine Zukunft haben müsse. Für die Bauern gehe es um Berechenbarkeit und darum, dass die Betriebe auch "rentabel wirtschaften können". Die Kanzlerin äußerte zugleich Verständnis für die Proteste vieler Landwirte. "Wir wissen, dass Sie aus verschiedenen Gründen unter großem Druck stehen."
Vergangene Woche hatten in Berlin 15.000 Bauern gegen die Agrarpolitik der Regierung protestiert. Sie wandten sich gegen zu weitreichende Umwelt- und Naturschutzvorschriften und forderten mehr Respekt und Anerkennung für ihre Arbeit.
Merkel betonte aber auch, es gebe ein "dramatisches Problem bei der Artenvielfalt" in Deutschland. Die Bauern seien nicht die einzigen Verursacher, "aber Teil des Gesamtsystems". Bei dem Agrargipfel ging es nun um die Aufnahme eines Dialogs - etwa über die nötige Verschärfung der Düngeverordnung, um die Nitratwerte im Grundwasser zu senken, oder den Insektenschutz.
Vereinbart wurden nun verschiedene Dialogformen. So soll es etwa ein Treffen von Merkel, Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Handelsunternehmen geben, um über Dumpingpreise und Lockangebote bei Lebensmitteln zu sprechen. Verbraucher gewöhnten sich an Schnäppchenangebote, warnte Klöckner. Lebensmittel zu Tiefstpreisen hätten allerdings "Auswirkungen auf die Bauernfamilien und die Wertschätzung".
Außerdem kündigte Klöckner eine Zukunftskommission Landwirtschaft an, die "Wege für eine produktive und ressourcenschonende Landwirtschaft aufzeigen" solle. Die Federführung sollen der Bauernverband und das Bündnis "Land schafft Verbindung" übernehmen, das die Bauernproteste organisiert hatte. Bis Februar sollen sie einen Vorschlag unterbreiten. Letztlich gehe es darum, dass die Bauern von ihrer Arbeit leben könnten, erklärte Klöckner.
Der Bauernverband sprach angesichts des Treffens von einem "guten Auftakt für einen notwendigen Dialog, den wir jetzt intensivieren und fortsetzen müssen". Das Aktionsprogramm Insektenschutz müsse "neu diskutiert werden", bei der Düngeverordnung gehe es um eine "stärkere Binnendifferenzierung bei den Messstellen und eine Evaluierung der Maßnahmen", forderte der Verband.
Kritik kam von der Opposition sowie von Umweltschützern. Der FDP-Agrarpolitiker Gero Hocker sprach von einem "Schaufensterdialog", bei dem wohl das Ergebnis "leider schon vorher feststand". Der WWF beklagte, bei dem Treffen sei die "Chance zum gesamtgesellschaftlichen Dialog" verspielt worden, auch der deutsche Naturschutzring beklagte, dass nicht "alle Akteure aus Landwirtschaft und Gesellschaft" mit am Tisch saßen. Verbraucherschützer warnten, Verbrauchern die Schuld für "falsche agrarpolitische Weichenstellungen" zu geben.
Vor dem Bundeskanzleramt demonstrierten mehrere dutzende Aktivisten von Greenpeace und vom Tierschutzbund für eine klimagerechte und tierfreundliche Landwirtschaft. Klimaschutz müsse in der Landwirtschaft "ganz oben stehen", forderte Greenpeace, denn der Beitrag der Branche zur Klimakrise sei "erheblich".
(A.Stefanowych--DTZ)