Mitgliedstaaten stimmen für EU-weite Sammelklagen für Verbraucher
Die Mitgliedstaaten der EU haben sich dafür ausgesprochen, EU-weite Sammelklagen zu ermöglichen. Ein Entwurf für eine entsprechende Richtlinie erhielt bei einem Ministertreffen am Donnerstag in Brüssel die nötige Mehrheit, wie die Nachrichtenagentur AFP von Diplomaten erfuhr. Deutschland und Österreich enthielten sich demnach, Gegenstimmen gab es keine. Dem Textentwurf zufolge sollen die Anforderungen für gemeinschaftliche, grenzüberschreitende Klagen gegen Unternehmen aber sehr hoch sein, um Missbrauch vorzubeugen.
Die EU-Kommission hatte die Möglichkeit für europäische Verbraucher, gemeinsam juristisch gegen Konzerne vorzugehen, im April 2018 als Reaktion auf den VW-Abgasskandal vorgeschlagen. Frühere Vorhaben der Kommission hatten sich bis dahin nie konkretisiert. Kritiker führen häufig das Beispiel der USA an, wo die Möglichkeit für Verbandsklagen zu einer Klagehäufung und hohen Anwaltskosten geführt hätten.
Das EU-Parlament sprach sich im März 2019 ebenfalls dafür aus, Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, grenzüberschreitend im Verbund zu klagen. Die Mitgliedstaaten konnten sich hingegen lange nicht einigen.
Nun verständigten sie sich darauf, dass etwa Verbraucherschutzorganisationen grundsätzlich überall in der EU Klagen mehrerer Verbraucher aus demselben Grund und gegen dasselbe Unternehmen bündeln können. Dafür, dass diese Organisationen woanders als in ihrem Ursprungsland vor Gericht ziehen können, soll es aber hohe Hürden geben.
Etwa sollen diese für Sammelklagen "qualifizierten Stellen" ihre Finanzen offenlegen und juristische Kompetenz nachweisen müssen, um für Verbraucher Ansprüche auf Schadenersatz, Preisminderungen oder Ersatzlieferungen einklagen zu können. So soll verhindert werden, dass sich Kläger das Land mit dem in ihrem Fall vorteilhaftesten Rechtssystem aussuchen.
Die Bundesregierung weist in der Debatte zudem auf das deutsche Modell der Musterfeststellungsklage, das durch eine EU-Richtlinie obsolet werden könnte. Verbraucherschützer haben in Deutschland seit vergangenem Herbst die Möglichkeit, stellvertretend für tausende Verbraucher vor Gericht zu ziehen. Am Ende muss jeder Einzelne dann jedoch erneut klagen und eine konkrete Summe Geld einfordern.
Mit der Einigung der Mitgliedstaaten können die Verhandlungen mit dem Europaparlament zur konkreten Ausarbeitung der künftigen Richtlinie beginnen.
(W.Budayev--DTZ)