Durchsetzungskraft kann über Tariffähigkeit einer Gewerkschaft entscheiden
Ob eine Arbeitnehmervereinigung als tariffähige Gewerkschaft anerkannt wird, kann von ihrer Durchsetzungskraft gegenüber der Arbeitgeberseite abhängig gemacht werden. Das Bundesverfassungsgericht nahm deshalb in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss die Verfassungsbeschwerde einer Vereinigung aus der Versicherungsbranche nicht zur Entscheidung an. Das Landesarbeitsgericht Hessen hatte im April 2015 festgestellt, dass die "Neue Assekuranz Gewerkschaft" keine tariffähige Gewerkschaft ist. (Az. 1 BvR 1/16)
Das Arbeitsgericht begründete dies damit, dass die Organisation nicht mächtig genug sei, Tarifforderungen durchzusetzen. Die Verfassungsrichter entschieden nun, dass diese Argumentation mit dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit in Einklang steht. Es könne nicht "jede Splittervereinigung Tarifverträge erkämpfen und abschließen". Es seien nur Vereinigungen als tariffähig anzusehen, "die eine gewissen Durchsetzungskraft gegenüber dem sozialen Gegenspieler haben".
Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts sei daher mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar, entschied das höchste deutsche Gericht. Das Gericht habe dabei maßgeblich auf die Größe der Vereinigung abstellen können. Die Zahl der organisierten Arbeitnehmer bestimme die Verhandlungsfähigkeit einer Organisation, deren finanzielle Ausstattung und organisatorische Leistungsfähigkeit. Vor allem aber gebe die Mitgliederzahl Aufschluss darüber, ob eine Vereinigung "hinreichenden Druck" in Tarifverhandlungen aufbauen könne.
(P.Vasilyevsky--DTZ)