Politiker müssen wohl keine Zwangshaft wegen dreckiger Luft fürchten
Politiker müssen in Deutschland wohl keine Zwangshaft wegen dreckiger Luft fürchten. Nach einem am Donnerstag am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vorgelegten Rechtsgutachten reicht EU-Recht als rechtliche Grundlage hierfür nicht aus. Das Grundrecht auf Freiheit könne nur mit einem "klaren" Gesetz eingeschränkt werde, das es in Deutschland bislang nicht gebe. Sein abschließendes Urteil wird der EuGH voraussichtlich im kommenden Frühjahr verkünden, er ist dabei nicht an das Gutachten gebunden. (Az: C-752/18)
Hintergrund des Streits ist der Luftreinhalteplan für München. Auf Klage der Deutschen Umwelthilfe hatten die Gerichte auf bestimmten Straßen Fahrverbote für Diesel-Pkw gefordert, damit die Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden. Der Freistaat Bayern setzt dies bislang nicht um.
Der bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München hatte im November der Landesregierung eine Verletzung ihrer Amtspflichten vorgeworfen. Zwangsgelder blieben ohne Wirkung, weil der Freistaat Bayern diese letztlich an sich selber überweist. Nach deutschem Recht sei aber unklar, ob eine Zwangshaft für Politiker möglich ist.
Nach der EU-Luftrichtlinie sollen die Gerichte "alle erforderlichen Maßnahmen" treffen, damit die Schadstoffgrenzwerte eingehalten werden. Beim EuGH fragte der VGH daher an, ob dies als letztes Mittel auch die Androhung einer Zwangshaft umfasst, etwa für Ministerpräsident Markus Söder und Umweltminister Thorsten Glauber (beide CSU).
Nach Überzeugung des sogenannten Generalanwalts Saugmandsgaard Öe ist dies nicht der Fall. Das Grundrecht auf Freiheit dürfe nur auf der Grundlage eines Gesetzes eingeschränkt werden, das diese Möglichkeit klar vorsehe. Ein solches Gesetz gebe es in Deutschland offenbar nicht.
Allerdings kritisierte Öe die Weigerung der bayerischen Staatsregierung, der Gerichtsentscheidung nachzukommen. Dies beeinträchtige nicht nur die Gesundheit der betroffenen Anwohner, sondern auch die Rechtsstaatlichkeit, die zu den wichtigen Werten der EU gehöre. Auch das Grundrecht der Bürger auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf werde verletzt.
Dennoch erfordere ein Freiheitsentzug "eine klare und vorhersehbare gesetzliche Regelung". Dies gelte auch bei schweren Pflichtverletzungen von Politikern. Fraglich sei hier zudem, für wen die Haftandrohung gelten könnte. Insgesamt müsse der deutsche Gesetzgeber entscheiden, ob und für wen ein solches Zwangsmittel möglich sein soll, erklärte Öe.
(A.Stefanowych--DTZ)