Scholz schließt EU-Bankeinlagensicherung mit Verlustübernahme nicht mehr aus
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat einen neuen Vorstoß zur Vollendung der EU-Bankenunion unternommen und schließt auch die begrenzte Übernahme von Verlusten durch ein europäisches System zur Absicherung von Kundengeldern nicht mehr aus. Eine verbesserte Bankenunion "sollte eine Form eines gemeinsamen europäischen Einlagensicherungsmechanismus beinhalten", schrieb Scholz in einem Gastbeitrag für die "Financial Times" (Mittwochausgabe). Der Minister knüpft dies allerdings an viele Bedingungen und insbesondere an eine deutliche Reduzierung fauler Bankkredite in anderen Mitgliedstaaten.
"Nach jahrelanger Diskussion muss die Blockade beendet werden", fordert Scholz vor dem Treffen von Europas Finanzministern am Donnerstag und Freitag in Brüssel. Er verweist dabei auf den Austritt Großbritanniens, mit dem auch der wichtige europäische Finanzplatz London die EU verlasse. Es seien nun "echte Fortschritte" nötig, damit die EU nicht "von Finanzdienstleistungen der USA oder Chinas abhängig" werde.
Dem Bundesfinanzminister schwebt bei der EU-Einlagensicherung für Bankkundengelder grundsätzlich ein "europäisches Rückversicherungssystem" vor. Es könnte nationale Einlagensicherungssysteme, die bei Bankenkrisen an ihre Grenzen kommen, durch die Bereitstellung von Mitteln unterstützen - allerdings über rückzahlbare Kredite. Laut Bundesfinanzministerium würden die Sicherungsgelder dabei aber auf "nationale" Konten eingezahlt und nicht vergemeinschaftet.
Scholz schlägt dann ein dreistufiges System zur Reaktion auf Bankenpleiten vor: In einem ersten Schritt wären die nationalen Sicherungssysteme zuständig. Als zweites könnte das EU-System "begrenzte zusätzliche Liquidität über rückzahlbare Kredite" bereit stellen. Ist dann noch weiteres Geld nötig, könnte der Mitgliedstaat des Instituts einspringen.
Bei Hilfen des EU-Systems schließt Scholz nicht aus, dass es auch eine "begrenzte Verlusttragungskomponente" gibt - also nicht alle Kredite zurückgezahlt werden müssten. Diese könne aber erst in Betracht gezogen werden, wenn "alle Elemente der Bankenunion vollständig umgesetzt sind".
Scholz fordert dabei zunächst eine Angleichung des Bankeninsolvenzrechtes, das durch nationale Unterschiede bei kleineren Bankenpleiten derzeit noch zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen mit Blick auf die Gläubigerhafting führen kann. Gemeiname EU-Regeln gibt es bisher nur für große, sytstemrelevante Banken.
Deutschland macht zudem wie schon seit Jahren eine weitere Reduzierung der Risiken durch ausfallgefährdete Kredite bei den Banken in den anderen Mitgliedstaaten zur Voraussetzung für die gemeinsame Einlagensicherung. In einem Diskussionspapier des Bundesfinanzministeriums heißt es dazu, Ziel müsse ein Anteil von fünf Prozent brutto "in allen Mitgliedstaaten" sein.
Derzeit schwanken die Anteil in den Mitgliedstaaten noch stark: EU-weit lag er brutto nach einem Bericht der EU-Kommission im dritten Quartal 2018 zwar nur noch bei 3,3 Prozent. Die ehemaligen Krisenländer Griechenland (43,5 Prozent), Zypern (21,8 Prozent) und Portugal (11,3 Prozent) haben jedoch deutlich höhere Werte. Auch viele andere Länder liegen noch klar über der Fünf-Prozent-Marke.
Ein hochrangiger Vertreter der Eurozone sagte am Dienstag, die Euro-Finanzminister würden am Donnerstag über die Einlagensicherung beraten. Er zeigte sich "leicht optimistisch", dass eine "politische Diskussion" darüber Anfang kommenden Jahres beginnen könnte. Es sei "das erste Mal", dass Länder ihre "roten Linien" bei dem sensiblen Thema verschöben, sagte er. Erste Etappe wäre demnach die Einigung auf einen Zeitplan.
(O.Tatarinov--DTZ)