Ökostromanteil steigt auf neuen Rekordwert
Der Ökostromanteil in Deutschland ist in den ersten neun Monaten dieses Jahres auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Strom aus Wind, Sonne oder Biomasse lieferte bis Ende September rund 43 Prozent des Bruttoverbrauchs, wie das Forschungszentrum ZSW und der Branchenverband BDEW am Freitag mitteilten. Im Gesamtjahr rechnen sie mit einem Anteil von gut 42 Prozent. Ziel bis 2030 ist ein Anteil von 65 Prozent.
In den ersten neun Monaten wurden laut Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) rund 183 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom aus Sonne, Wind und anderen erneuerbaren Quellen erzeugt - deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum mit 166,5 Milliarden kWh. Aus Braun- und Steinkohle wurden demnach rund 125 Milliarden kWh Strom gewonnen, deutlich weniger als im Vorjahreszeitraum mit rund 171 kWh.
2018 hatte der Anteil der Erneuerbaren und der Kohle in den ersten neun Monaten damit noch fast gleichauf gelegen, wie ZSW und BDEW betonten. 2019 lagen die Erneuerbaren schon fast 50 Prozent über der Stromerzeugung aus Kohle. Der in dieser Zeit gestiegene Preis für den Ausstoß von Kohlendioxid sorgte demnach dafür, dass die Stromerzeugung aus Erdgas um über elf Prozentpunkte auf 66 Milliarden kWh stieg.
BDEW-Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer mahnte, die Rekordzahlen beim Ökostrom stünden "im scharfen Kontrast zur dramatischen Situation beim Ausbau der Windenergie". Aufgrund fehlender Flächen und immer restriktiverer Abstandsregelungen "rutschen wir in eine regelrechte Rezession". Kapferer forderte die Politik auf, die "Bremsen für den Ausbau der Windanlagen" zu lockern. Sonst "werden wir das 65-Prozent-Ziel krachend verfehlen".
ZSW-Vorstandsmitglied Frithjof Staiß betonte, für die Erreichung des 65-Prozent-Ziels "benötigen wir nicht nur mehr Windenergie, sondern als zweite Säule die Photovoltaik". Nötig seien deshalb ebenfalls wirksame Maßnahmen zur Steigerung des Solarstromausbaus.
Der Fachverband Power Systems im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) warnte, in der Windindustrie seien bis 2030 wegen des schwächelnden Ausbaus bis zu 27 Prozent der Arbeitsplätze in Gefahr. Das ergab eine Studie der Prognos AG über die Auswirkungen unterschiedlicher Zubau-Szenarien der Windenergie an Land. Auch VDMA Power Systems forderte Bund und Länder auf, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und schnell mehr Flächen zur Verfügung zu stellen.
Die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Julia Verlinden, kritisierte: "Es ist ein Skandal, dass der zuständige Wirtschaftsminister nicht längst aktiv gegensteuert." Das Beispiel Windenergie mache deutlich, wie sehr die Regierung die ökologische Transformation der Wirtschaft behindere. "Wenn es so weiter geht, wird Deutschland vom einstigen Technologieführer für saubere Energien zum abgeschlagenen Nachzügler. Das darf die Regierung nicht zulassen."
(P.Vasilyevsky--DTZ)