Mehr als 800 Journalisten rufen Politik zu Schritten gegen Google auf
Mehr als 800 Journalisten aus Deutschland und anderen Ländern haben dem US-Internetgiganten Google die Untergrabung der europäischen Urheberrechts-Reform vorgeworfen und die Politik zum Gegensteuern aufgerufen. Google weigere sich weiterhin, für die Verbreitung von Medieninhalten in seinem Onlinedienst zu bezahlen, begründeten die Journalisten ihre Forderung in einem offenen Brief am Mittwoch. Sie sehen dadurch journalistische Vielfalt und Demokratie bedroht und fordern einen "Gegenangriff der öffentlichen Entscheidungsträger".
Ziel der im Frühling beschlossenen Reform ist es, das EU-Urheberrecht aus dem Jahre 2001 an das Zeitalter des Internets anzupassen. Dazu sollen Unternehmen wie Google, Youtube oder Facebook verpflichtet werden, Kreative und Medienunternehmen angemessen zu vergüten. Nicht lizenzierte Inhalte auf Online-Plattformen müssen künftig blockiert oder gelöscht werden.
Frankreich hat die Richtlinie als erstes EU-Land umgesetzt. Am Donnerstag tritt das entsprechende Gesetz in Kraft. Dennoch weigert sich Google bislang, mit Medienunternehmen über eine Bezahlung zu verhandeln.
Damit lasse Google den Medien nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie stellten einen "Blankoscheck" für den US-Konzern aus und verzichteten auf Bezahlung. "Das ist der Tod auf Raten, der Redaktionsräume in Europa leert, so wie das schon in den Vereinigten Staaten der Fall ist", heißt es in dem Brief. Oder sie weigerten sich und hofften weiterhin auf eine Vergütung ihrer Arbeit. Für diesen Fall habe Google jedoch "beängstigende Repressalien" angekündigt.
Google hatte vergangenen Monat angekündigt, Ausschnitte aus Artikel sowie Fotos und Videos nicht mehr ohne Zustimmung der Mediengruppen online zu veröffentlichen. Wenn Medienunternehmen dies ablehnen, will Google nur noch mit einer Überschrift auf die externen Inhalte verlinken. Nach Angaben von Google dürften die Klickzahlen auf den Seiten der Medien damit deutlich zurückgehen.
Die Unterzeichner des offenen Briefs forderten die Politik auf, die Richtlinie so zu stärken, "dass Google sie nicht mehr uminterpretieren kann, indem sie das gesamte Arsenal an Maßnahmen zur Bekämpfung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung nutzen." Es gehe um das "Überleben unabhängiger und pluralistischer Medien und letztlich um die Vitalität unserer Demokratie".
Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs zählen unter anderen die Auslands-Chefkorrespondentin von RTL, Antonia Rados, der Präsident der Nachrichtenagentur AFP, Fabrice Fries, sowie der Vorsitzende der Europäischen Allianz der Nachrichtenagenturen (EANA) und dpa-Chef, Peter Kropsch. Auch der Berichterstatter über das Gesetzesvorhaben im Europaparlament, Axel Voss (CDU), unterstützt den Aufruf.
(L.Møller--DTZ)