Scholz tritt Sorgen um Zustand der deutschen Wirtschaft entgegen
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist während seiner Teilnahme an Finanztagungen in Washington den Sorgen um den Zustand der deutschen Wirtschaft entgegengetreten. Ein "wirtschaftlicher Rückgang" in Deutschland sei nicht festzustellen, sagte Scholz am Freitag. Zugleich wies er Forderungen nach einer Korrektur der deutschen Finanzpolitik und mehr staatlichen Investitionen zur Ankurbelung der Konjunktur zurück.
Scholz nahm in der US-Hauptstadt an Treffen der G20- und G7-Staatengruppen sowie an der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) teil. Überschattet wurden die Beratungen vom Handelskonflikt zwischen den USA und China, der die Weltwirtschaft zunehmend belastet. Deutschland ist wegen seiner stark exportorientierten Wirtschaft von diesem Konflikt in besonders hohem Maße in Mitleidenschaft gezogen.
Scholz betonte aber im Gespräch mit Journalisten, dass sich Deutschland gleichwohl in einer "stabilen volkswirtschaftlichen Situation" befinde. Es gebe einen "Höchststand an Beschäftigung" und ganze Wirtschaftsbereiche seien "überausgelastet". Zudem bestehe die Perspektive, dass das deutsche Wachstum sich zum Ende des Jahres hin wieder belebe und "im nächsten Jahr anzieht". Die ökonomische Lage in Deutschland sei nicht derart, dass "man hektisch agieren muss".
In ihrer am Donnerstag veröffentlichten Herbstprognose geht die Bundesregierung von einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent in diesem und 1,0 Prozent im kommenden Jahr aus. Scholz machte aber deutlich, dass er sich bei einer Beilegung des Handelskonflikts zwischen den USA und China sowie der Vermeidung eines chaotischen Brexit direkte Impulse für die deutsche Wirtschaft erhofft, die ein deutlicheres Wachstum als bisher vorhergesagt ermöglichen könnten.
Deutschland würde ein Ende des Handelsstreits zwischen Washington und Peking "sofort spüren" können, sagte der Bundesfinanzminister. Auch der ebenfalls nach Washington gereiste Bundesbankpräsident Jens Weidmann sagte, billige das britische Unterhaus am Samstag die Vereinbarung mit der EU und entspanne sich der US-chinesische Konflikt, sei dies sicherlich global "das beste Konjunkturprogramm, das man sich vorstellen kann".
Scholz traf sich auch bilateral mit der neuen IWF-Chefin Kristalina Georgieva. Er äußerte sich aber nicht zum Inhalt des Gesprächs. Georgieva hatte im Vorfeld der IWF-Jahrestagung von der Bundesregierung den Einsatz "fiskalischer Feuerkraft" verlangt, um "die Nachfrage und das Wachstumspotenzial" anzukurbeln. Sie forderte vor allem verstärkte Investition in die Infrastruktur sowie in Forschung und Entwicklung.
Laut Scholz waren die Forderungen nach mehr mehr öffentlichen Investitionen in Deutschland bei den jetzigen Finanztagungen aber weniger nachdrücklich als bei früheren Treffen. Der Grund sei, dass die Bundesregierung ihre fiskalischen Spielräume bereits "expansiv genutzt" habe. Deutschland habe die "Höchstsumme an öffentlichen Investitionen seit Ewigkeiten".
Auf das nächste Jahrzehnt hochgerechnet handle es sich um rund 400 Milliarden Euro, führte der Bundesfinanzminister aus. Noch hinzu kämen im selben Zeitraum mit dem Klimaschutzprogramm der Bundesregierung verbundene Investitionen von etwa 150 Milliarden Euro. Bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung stehe Deutschland im globalen Vergleich "mit an der Spitze".
(N.Loginovsky--DTZ)