Regierung fürchtet trotz niedrigerer Wachstumsprognose keine Konjunkturkrise
Die Bundesregierung bleibt trotz angespannter Wirtschaftslage optimistisch. "Wir hoffen, dass die Konjunktur zu Beginn nächsten Jahres wieder an Fahrt aufnimmt", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag in Berlin. Eine "Konjunkturkrise" drohe nicht. In ihrer Herbstprognose geht die Regierung von einem Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent in diesem und 1,0 Prozent im kommenden Jahr aus. Der Opposition gehen die Anstrengungen der Regierung nicht weit genug.
Für 2019 blieb die Regierung bei ihrer Konjunkturprognose vom Frühjahr. Für das kommende Jahr hatte sie im April noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,5 Prozent 2020 erwartet - diese Zahl korrigierte sie nun nach unten.
Eine Herbstbelebung, "mit der im Frühjahr noch alle gerechnet haben", blieb laut Altmaier aus. Er erklärte, "dass dieses Wachstum nicht dasjenige ist, das wir uns wünschen würden und das wir für die Zukunft für ausreichend halten". Die exportorientierte Industrie stehe unter Druck, der schwache Welthandel belaste die deutschen Produzenten.
Altmaier rechnet aber mit der Belebung des internationalen Handels und stärkeren Wachstumskräften im kommenden Jahr. Die Binnennachfrage sei indes weiterhin intakt und werde durch staatliche fiskalische Impulse zusätzlich gestützt, erklärte er. Beschäftigung und Einkommen stiegen, der Bausektor sei weiter in Hochkonjunktur. Die Regierung erwartet in diesem Jahr insgesamt 380.000 zusätzliche Beschäftigte, im kommenden Jahr weitere 120.000.
Entgegen langer Ungewissheit über einen Brexit, die zu Zurückhaltung geführt "und Bremsspuren hinterlassen" habe, sei nach der Einigung zwischen der EU und Großbritannien "zum ersten Mal seit drei Jahren ein Licht am Ende des Tunnels erkennbar, das ist für die wirtschaftliche Entwicklung eine wichtige und positive Botschaft".
"Jetzt gilt es, die Ärmel hochzukrempeln", erklärte Altmaier. Nötig sei eine Wachstumspolitik mit Steuerentlastungen und Bürokratieabbau, marktwirtschaftlichen Lösungen bei der Energiewende, Investitionen in Zukunftstechnologien und mehr Anstrengungen bei der Digitalisierung.
Der FDP gehen diese Bekenntnisse nicht weit genug. "Union und SPD sehen tatenlos dabei zu, wie Deutschland langsam aber sicher in die Rezession rutscht", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christian Dürr der Nachrichtenagentur AFP. Er forderte unter anderem "die vollständige Abschaffung des Soli zum 1. Januar 2020 mit einer Sofortentlastung von 20 Milliarden Euro". Sein Fraktionskollege Karsten Klein kritisierte, Altmaier überhöre "den allerletzten Weckruf, das Steuer herumzureißen".
Forderungen kamen auch vom Vizechef der Linksfraktion: "Die schwarze Null muss angesichts von Minuszinsen beerdigt werden", erklärte Fabio De Masi. "Steuersenkungen für Unternehmen bremsen hingegen nicht den Abschwung, denn die Unternehmen investieren nicht, wenn man ihnen gratis die Gewinne erhöht."
Die Herbstprognose der Regierung bildet die Grundlage für die Steuerschätzung und dient der Aufstellung der öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen.
(A.Stefanowych--DTZ)