IWF setzt wegen Handelskonflikten seine Konjunkturprognose weiter herunter
Wegen der andauernden Handelskonflikte hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognose für die Weltwirtschaft weiter nach unten geschraubt. In einem am Dienstag in Washington veröffentlichten Bericht sagt der IWF für dieses Jahr nur noch ein globales Wachstum von 3,0 Prozent voraus. Dies wäre das niedrigste Wachstum seit der globalen Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009.
In seiner aktuellen Prognose rechnet der IWF mit einem um 0,2 Prozentpunkte geringeren Wachstum der Weltwirtschaft als noch in seiner vorherigen Schätzung vom Juli. Auch ihren Ausblick für das kommende Jahr revidierte die Finanzorganisation nach unten. Für 2020 erwartet sie nun ein Wachstum von 3,4 Prozent, statt der bisher vorhergesagten 3,5 Prozent.
Als Hauptgrund für die weltweite Flaute nennt der IWF den seit mehr als anderthalb Jahren tobenden Handelskonflikt zwischen den USA und China. Die IWF-Chefökonomin Gita Gopinath mahnte, die Weltwirtschaft sei "dringend" darauf angewiesen, dass die politischen Akteure die Handelsstreitigkeiten abbauten. Angesichts der niedrigen Wachstumsraten gebe es "keinen Spielraum für politische Fehler".
Seine neue Konjunkturanalyse erarbeitete der IWF zwar noch vor der am vergangenen Freitag erzielten Teileinigung zwischen den USA und China im Handelsstreit. Sie sieht unter anderem vor, dass China seine Importe von US-Agrarprodukten erhöht. Die USA verzichteten aufgrund der Vereinbarung auf eine ursprünglich für diesen Dienstag geplante Erhöhung der Strafzölle auf chinesische Waren im Wert von 250 Milliarden Dollar (227 Milliarden Euro) von 25 auf 30 Prozent.
Allerdings deckt die Einigung nur einen kleinen Teil der weiterhin stark konfliktgeladenen Handelsbeziehungen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ab. Die massiven Strafzölle, mit denen sich beide Staaten seit dem vergangenen Jahr überzogen haben, bleiben bestehen.
Als weiteren belastenden Faktor für die Weltwirtschaft nennt der IWF die Ungewissheiten rund um den Brexit. Ein Ausstieg Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen, wie ihn der britische Premierminister Boris Johnson notfalls durchziehen will, könnte nach Einschätzung des Fonds dazu beitragen, dass das globale Wachstum noch niedriger ausfällt als jetzt vorhergesagt.
Auch für Deutschland schraubte der IWF seine Prognose herunter. Für 2019 erwartet der Fonds nun einen Anstieg des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,5 Prozent, im Juli hatte der Fonds noch 0,7 Prozent vorhergesagt. Auch die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute hatten in ihrem Herbstgutachten den Anstieg des BIP in diesem Jahr bei nur einem halben Prozent veranschlagt.
Der IWF appellierte erneut an die Bundesregierung, zur Stimulierung des Wachstums die staatlichen Investitionen auszuweiten. Die Spielräume im Haushalt sollten genutzt werden, um etwa zusätzliche Gelder in die Modernisierung der Infrastruktur fließen zu lassen, forderte Chefökonomin Gopinath. Seine Konjunkturanalyse veröffentlichte der IWF im Vorfeld seiner Jahrestagung, die am kommenden Wochenende in Washington stattfindet.
(N.Loginovsky--DTZ)