Scheuer räumt weitere Spitzengespräche mit Mautbetreibern ein
Nach dem Scheitern der Pkw-Maut erhöht die Opposition den Druck auf Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Dessen Ministerium hatte am Dienstagabend auf Anfrage der Grünen mitgeteilt, es habe zusätzliche Gespräche der Ministeriumsspitze mit Vertretern der Mautfirmen gegeben. Daraufhin wurden aus den Fraktionen von Grünen und Linken Forderungen nach einer Ablösung Scheuers laut. Das Verkehrsministerium bekräftigte am Mittwoch, "transparent" Auskunft zu geben.
Das Ministerium antwortete auf Fragen der Grünen-Abgeordneten Stephan Kühn und Sven-Christian Kindler, wie zunächst die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Das Ministerium veröffentlichte das Schreiben, das chronologisch Treffen zur Umsetzung der Pkw-Maut auflistet, auf seiner Internetseite.
Die Grünen kritisierten vor allem, dass es für eine Reihe dieser Treffen keine Vermerke gibt, wie aus dem Schreiben des Ministeriums hervorgeht. "In einem Haus, in dem jeder Baustellenbesuch Scheuers einen Meter Akten nach sich zieht, müssten auch Vertragsverhandlungen mit Bietern in einem milliardenschweren Vergabeverfahren protokolliert worden sein", erklärten Kindler und Kühn. "Die fehlende Veraktung ist ein klarer Rechtsbruch", lautete ihr Vorwurf. Zudem habe Scheuer weitere Treffen mit den Maut-Firmen bislang geheim gehalten.
Konkret geht es um fünf zusätzliche Gespräche der Ministeriumsspitze mit Vertretern der Mautfirmen CTS Eventim und Kapsch. Sie sollen zwischen dem 3. Oktober 2018 und dem 23. Mai 2019 stattgefunden haben. Bei drei Treffen war Scheuer dabei, an einem nahm auch Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) teil. Dem Bundestag hatte das Ministerium die Treffen der "SZ" zufolge bislang trotz Nachfragen der Abgeordneten verschwiegen.
Bei den meisten Treffen ging es demnach um Spitzengespräche in der heißen Phase der Verhandlungen über den milliardenschweren Mautvertrag Ende 2018. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte das CSU-Prestigeprojekt der Pkw-Maut am 18. Juni gestoppt.
Für hitzige Debatten sorgt seitdem, dass Scheuer bereits vor dem Urteil Verträge zur Umsetzung der Maut abschloss und zudem durch die Kündigung der Verträge nach dem EuGH-Urteil Schadenersatzforderungen der Unternehmen auf den Bund - und damit letztlich den Steuerzahler - zukommen könnten. Scheuer argumentiert unter anderem, dass eine Umsetzung erst nach dem Urteil zu einer Verzögerung bei der Einführung der Maut und damit Ausfällen bei den bereits eingeplanten Einnahmen geführt hätten.
Brisant ist nun, dass dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge nach Informationen von Insidern führende Vertreter der Betreiberfirmen Scheuer im vergangenen Jahr mindestens bei einem Treffen vorgeschlagen haben sollen, die Unterzeichnung der Mautverträge auf einen Zeitpunkt nach dem erwarteten EuGH-Urteil zu verlegen. Scheuer solle dies unter Verweis auf den straffen Zeitplan für das CSU-Prestigeprojekt abgelehnt haben, schrieb die "SZ". Das Ministerium betonte demnach, ein solches Angebot habe es nie gegeben.
Kühn und Kindler forderten eine Ablösung Scheuers. Wer den Bundestag belüge und die Öffentlichkeit täusche, dürfe "nicht einen Tag länger Bundesverkehrsminister sein". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse Scheuer als Verkehrsminister entlassen. Dieser Forderung schloss sich auch der Linken-Verkehrspolitiker Jörg Cezanne an. Scheuer sei "nicht mehr zu trauen", und daher "nicht mehr tragbar".
Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Oliver Luksic forderte, Scheuers Verhalten müsse von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden. Scheuer verstricke sich in Widersprüche.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Mittwoch, es gebe eine "sehr enge und wichtige Zusammenarbeit" mit dem Verkehrsminister. Aus der Unionsfraktion wurden die jüngsten Entwicklungen zunächst nicht kommentiert.
(W.Uljanov--DTZ)