Deutsche Tageszeitung - EuGH stärkt polnischen Kreditnehmern im Streit um Franken-Darlehen den Rücken

EuGH stärkt polnischen Kreditnehmern im Streit um Franken-Darlehen den Rücken


EuGH stärkt polnischen Kreditnehmern im Streit um Franken-Darlehen den Rücken
EuGH stärkt polnischen Kreditnehmern im Streit um Franken-Darlehen den Rücken / Foto: ©

Polnische Gerichte dürfen nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestimmte Darlehensverträge in Schweizer Franken für nichtig erklären, wenn sie missbräuchliche Klauseln enthalten. Zwar geht es in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil der Luxemburger Richter um einen konkreten Fall, doch könnte es Folgen für hunderttausende Polen haben, die auf teuren Krediten in Schweizer Franken sitzen.

Textgröße ändern:

In dem konkreten Fall hatte ein polnisches Paar vor einem Warschauer Gericht geklagt, das vor Jahren in Polen ein Hypothekendarlehen in Schweizer Franken aufgenommen hatte, um von den günstigeren Zinsen in der Schweiz zu profitieren. Die Bank zahlte den Kredit in polnischen Zloty aus - die Kreditraten aber wurden in Schweizer Franken angegeben und in polnischen Zloty abgerechnet. Während der Laufzeit verteuerte sich der Franken jedoch drastisch gegenüber dem polnischen Zloty, und entsprechend stiegen auch die Belastungen für die Kreditnehmer.

Das Paar machte geltend, dass die Vertragsklauseln missbräuchlich seien und deshalb der gesamte Vertrag hinfällig sei. Das Warschauer Gericht wollte nun wissen, ob die EU-Gesetze es gestatten, den Darlehensvertrag für null und nichtig zu erklären. Dem stimmten die Luxemburger Richter zu. Sie kamen zu dem Schluss, dass die EU-Richtlinie "der Feststellung der Unwirksamkeit des streitigen Vertrags durch das polnische Gericht nicht entgegen" stehe.

Das Urteil dürfte weitreichende Konsequenzen haben. Das Urteil betrifft zwar nur die Kläger, doch gibt es polnischen Gerichten einen Hinweis auf die künftige Behandlung ähnlicher Streitfälle.

Rund 700.000 Polen hatten in den Jahren 2000 bis 2012 Kredite in Fremdwährung aufgenommen, um von den niedrigeren Zinsen und dem starken Zloty zu profitieren. Insgesamt sind nach Angaben von Experten in Polen noch rund 500.000 Kredite in Schweizer Franken offen und damit rund 20 Prozent aller Hypothekenkredite. Ihre Gesamtsumme dürfte sich auf über 100 Milliarden Zloty (22,85 Milliarden Euro) belaufen. Auf den Bankensektor könnten den Experten zufolge damit Kosten von 15 bis 60 Milliarden Zloty zukommen.

"Keine Angst und auf in den Kampf", kommentierte Klägerin Justyna Dziubak die Entscheidung des EuGH. Auch Finanzminister Jerzy Kwiecinski sagte vor Journalisten, das Urteil werde "die Position der Franken-Schuldner" gegenüber Banken stärken, die mit illegalen missbräuchlichen Klauseln gearbeitet hätten.

(M.Dorokhin--DTZ)

Empfohlen

Bauern fordern Stopp von EU-Mercosur-Abkommen - Scholz drückt aufs Tempo

Der mögliche Abschluss des EU-Freihandelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten erhitzt die Gemüter europäischer Landwirte. Der Deutsche Bauernverband forderte einen Stopp des Abkommens, in Frankreich entzündete sich eine neue Welle landesweiter Proteste. Auch aus Italien kam Kritik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich dagegen am Rande des G20-Treffens in Rio de Janeiro erneut für einen schnellen Abschluss aus.

Datendiebstahl bei Facebook: Nutzer können nach BGH-Urteil auf Schadenersatz hoffen

Dreieinhalb Jahre nach einem großen Datenschutzvorfall bei Facebook können zahlreiche Betroffene nun auf Schadenersatz hoffen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe stärkte am Montag in einem Grundsatzurteil ihre Position. Demnach kann schon der kurze Kontrollverlust über eigene Daten ein immaterieller Schaden sein. Weitere negative Folgen müssen nicht nachgewiesen werden. (Az. VI ZR 10/24)

Dänemark besteuert künftig Methanausstoß von Kühen und Schweinen

Dänemark führt als erstes Land der Welt eine Steuer auf pupsende und rülpsende Rinder und Schweine ein. Im Parlament sei eine entsprechende überparteiliche Vereinbarung getroffen worden, teilte die Regierung in Kopenhagen am Montag mit. Der Staat unterstützt betroffene Landwirte finanziell.

Argentinien verweigert sich als einziges G20-Land der Allianz gegen den Hunger

Argentinien verweigert als einziges Land der G20-Gruppe seine Beteiligung an einer globalen Allianz gegen den Hunger. Dies teilte die brasilianische Regierung mit, die an diesem Montag und Dienstag den G20-Gipfel in Rio de Janeiro ausrichtet. Die Allianz gegen den Hunger sollte später am Montag zum Auftakt des Gipfels vom brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva formell lanciert werden.

Textgröße ändern: