Im Streit um Airbus und Boeing droht nach WTO-Entscheidung Strafzollspirale
Der Streit zwischen der EU und den USA um Staatshilfen für die Flugzeugindustrie hat einen weiteren Höhepunkt erreicht. Die Welthandelsorganisation (WTO) gab den USA am Mittwoch grünes Licht für Strafzölle auf europäische Produkte im Wert von 7,5 Milliarden Dollar (6,8 Milliarden Euro). Die EU-Kommission warnte die Regierung in Washington davor, die angedrohten Strafzölle zu verhängen, da eine ähnliche Entscheidung zu Gunsten der Europäer in einem parallel verhandelten Fall erwartet wird.
Hintergrund ist der seit rund 15 Jahren andauernde Streit um Subventionen für den europäischen Flugzeugbauer Airbus sowie dessen US-Wettbewerber Boeing. Die in getrennten Verfahren damit betraute WTO erklärte sowohl Staatshilfen für Airbus als auch für Boeing für unzulässig. Die USA haben nun jedoch zuerst grünes Licht erhalten, Strafzölle zu erheben.
"Wir haben nach dem WTO-Recht einen Sachverhalt verloren", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zur der WTO-Entscheidung. "Wir warten jetzt erst mal ab, was die amerikanische Administration macht." EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström kündigte dagegen eine vehemente Reaktion an: "Wenn die USA beschließen, von der WTO genehmigte Gegenmaßnahmen einzuführen, werden sie die EU in eine Situation bringen, in der wir keine andere Wahl haben, als das gleiche zu tun".
"Die EU sollte zunächst die weiteren Entscheidungen zu Boeing abwarten und nicht sofort mit Vergeltungszöllen antworten", warnte Martin Braml, Außenhandelsexperte am Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) in München. Die Entscheidung der WTO über die Höhe der Strafzölle, die Brüssel wegen Boeing regelkonform erheben dürfte, wird in wenigen Monaten erwartet.
Washington hatte bereits wiederholt mit Strafzöllen auf Produkte wie Käse, Wurst und Pasta gedroht. Brüssel reagierte mit einer eigenen Liste von US-Gütern, deren Einfuhr mit zusätzlichen Abgaben belegt werden könnte. "Die gegenseitige Einführung von Gegenmaßnahmen würde aber nur den Unternehmen und Bürgern auf beiden Seiten des Atlantiks schaden", befand auch Malmström.
"Die Entwicklung ist ein äußerst negatives Signal für die schwächelnde Weltkonjunktur und für die stark vom Export abhängige deutsche Wirtschaft", erklärte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK). "Die USA und die EU sollten rasch eine Verhandlungslösung ohne Vorbedingungen finden", forderte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang.
Die Europäer hatten im Juli eine Einigung vorgeschlagen, derzufolge sich beide Seiten zum Abbau von Subventionen verpflichten würden. Nach EU-Angaben hat Washington darauf bislang nicht reagiert. "Unsere Bereitschaft, eine faire Lösung zu finden, bleibt unverändert", unterstrich Handelskommissarin Malmström.
Die US-Regierung von Präsident Donald Trump nutzt Strafzölle oder deren Androhung in einer Reihe von Konflikten als Druckmittel. Der EU wirft Trump unfaire Handelspraktiken vor. Er verhängte Strafzölle auf Stahl und Aluminium und drohte mit Aufschlägen auf europäische Autos.
Einer Erklärung des Unternehmens Airbus zufolge würden sich US-Strafzölle auf die Einfuhr von Flugzeugen und Flugzeugteilen aus Europa auch auf die eigene Wirtschaft negativ auswirken. Das Unternehmen mit Hauptsitz im französischen Toulouse wies darauf hin, "dass US-Zulieferer nahezu 40 Prozent zur flugzeugbezogenen Beschaffung von Airbus beisteuern". Daran hängen demnach rund 275.000 Arbeitsplätze in den USA.
(O.Tatarinov--DTZ)