Deutsche Tageszeitung - Klägerseite zeigt sich vor VW-Musterverfahren zuversichtlich

Klägerseite zeigt sich vor VW-Musterverfahren zuversichtlich


Klägerseite zeigt sich vor VW-Musterverfahren zuversichtlich
Klägerseite zeigt sich vor VW-Musterverfahren zuversichtlich / Foto: ©

Vor dem mit Spannung erwarteten Musterverfahren für Verbraucher im Abgasskandal bei Volkswagen demonstriert die Klägerseite Zuversicht. "Wir beurteilen die Erfolgsaussichten sehr positiv", sagte der Wirtschaftsrechtler Marco Rogert, der vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vertritt, der Nachrichtenagentur AFP. Dem am Montag beginnenden Verfahren kommt eine zentrale Rolle in der juristischen Aufarbeitung des Skandals zu.

Textgröße ändern:

Zur möglichen Dauer des Verfahrens sagt vzbv-Anwalt Rogert, dass es "weitestgehend um bekannte Rechtsfragen mit ebenso bekannten Argumentationslinien auf beiden Seiten" gehe, spreche gegen eine langjährige Verfahrensdauer. "Ich glaube auch nicht, dass das Gericht die Stadthalle auf Jahre gemietet hat", sagte Rogert. Wegen des erwartet großen Interesses weicht das OLG für das Musterfeststellungsverfahren in die Stadthalle Braunschweig aus. Bislang ist zusätzlich zum Verhandlungsauftakt ein zweiter Termin für den 18. November angesetzt.

Als wahrscheinlich gilt, dass sich nach einer Entscheidung in Braunschweig der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Fall befassen muss. Unter anderem deshalb hatte Volkswagen die betroffenen Dieselbesitzer im Vorfeld auf ein jahrelanges Verfahren eingestimmt und zugleich bekräftigt, dass aus Sicht des Konzerns die Kunden keinen Schaden erlitten hätten.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) rechnet insgesamt nicht mit einem schnellen Urteil, hält aber auch einen Vergleich mit VW für möglich. Es gehe um "komplexe Sachverhalte, über die die Gerichte vermutlich Beweis erheben werden, was eine gewisse Zeit dauert", sagte Lambrecht dem "Tagesspiegel am Sonntag". Dafür seien die Beweisfragen dann auch geklärt. Möglich sei aber auch, dass "dass das Verfahren mit einem Vergleich abschließt, in dem eine finanzielle Entschädigung enthalten ist".

Die Verbraucherschützer wollen mit der Musterklage gemeinsam mit dem ADAC feststellen lassen, dass der Autobauer betroffene Dieselkäufer "vorsätzlich und sittenwidrig" geschädigt hat und deshalb Schadenersatz zahlen muss. Im Erfolgsfall müssten VW-Kunden ihre individuellen Ansprüche hinterher aber immer noch selbst einklagen. Sie können sich dann allerdings auf die im Musterverfahren getroffenen Feststellungsziele berufen.

Der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben sich über das entsprechende Klageregister beim Bundesamt für Justiz mehr als 440.000 Menschen. Vzbv-Anwalt Rogert von der Kanzlei Russ Litigation erwartet vom Verfahren vor allem, "dass das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof Klarheit schafft, wo sich Gerichte derzeit noch im Unklaren befinden". Es könne nicht angehen, "dass oft nicht einmal die Rechtsprechung innerhalb desselben Gerichts einheitlich ist", sagte er AFP.

Justizministerin Lambrecht zeigte sich überzeugt, dass das Musterverfahren Verbrauchern "einfach und kostengünstig" zu ihrem Recht verhelfe. Ein Verfahren in Braunschweig und damit im Kernland des Autobauers hält sie zudem für unproblematisch: "Die Richter und Gerichte sind unabhängig." Die Praxis zeige auch, dass der eigene Anspruch der Richter an ihre Unabhängigkeit sehr hoch sei.

(M.Dorokhin--DTZ)

Empfohlen

Bauern fordern Stopp von EU-Mercosur-Abkommen - Scholz drückt aufs Tempo

Der mögliche Abschluss des EU-Freihandelsabkommens mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten erhitzt die Gemüter europäischer Landwirte. Der Deutsche Bauernverband forderte einen Stopp des Abkommens, in Frankreich entzündete sich eine neue Welle landesweiter Proteste. Auch aus Italien kam Kritik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich dagegen am Rande des G20-Treffens in Rio de Janeiro erneut für einen schnellen Abschluss aus.

Datendiebstahl bei Facebook: Nutzer können nach BGH-Urteil auf Schadenersatz hoffen

Dreieinhalb Jahre nach einem großen Datenschutzvorfall bei Facebook können zahlreiche Betroffene nun auf Schadenersatz hoffen. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe stärkte am Montag in einem Grundsatzurteil ihre Position. Demnach kann schon der kurze Kontrollverlust über eigene Daten ein immaterieller Schaden sein. Weitere negative Folgen müssen nicht nachgewiesen werden. (Az. VI ZR 10/24)

Dänemark besteuert künftig Methanausstoß von Kühen und Schweinen

Dänemark führt als erstes Land der Welt eine Steuer auf pupsende und rülpsende Rinder und Schweine ein. Im Parlament sei eine entsprechende überparteiliche Vereinbarung getroffen worden, teilte die Regierung in Kopenhagen am Montag mit. Der Staat unterstützt betroffene Landwirte finanziell.

Argentinien verweigert sich als einziges G20-Land der Allianz gegen den Hunger

Argentinien verweigert als einziges Land der G20-Gruppe seine Beteiligung an einer globalen Allianz gegen den Hunger. Dies teilte die brasilianische Regierung mit, die an diesem Montag und Dienstag den G20-Gipfel in Rio de Janeiro ausrichtet. Die Allianz gegen den Hunger sollte später am Montag zum Auftakt des Gipfels vom brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva formell lanciert werden.

Textgröße ändern: