E-Zigarettenhersteller Juul feuert Chef und stoppt jegliche Werbung in den USA
Der E-Zigarettenhersteller Juul zieht Konsequenzen aus hunderten Fällen von Lungenerkrankungen in den USA: Der Konzern tauscht seine Führung aus und stoppt jegliche Werbung für seine Produkte. Firmenchef Kevin Burns werde von K.C. Crosthwaite vom Tabakkonzern Altria abgelöst, teilte der US-Marktführer für E-Zigaretten am Mittwoch mit. Für die Kunden in Deutschland ändert sich zunächst nichts.
Elektronische Zigaretten stehen nach dem Tod von neun Menschen in den USA massiv in der Kritik. In den vergangenen Wochen erkrankten in den USA mehr als 500 Menschen nach dem Konsum von E-Zigaretten. Bislang ist unklar, was zu den Lungenerkrankungen führt. Die US-Lebensmittelüberwachung- und Arzneimittelbehörde FDA testet derzeit 150 Proben verdächtiger Produkte, konnte bisher aber noch keinen für die Erkrankungen verantwortlichen Wirkstoff identifizieren.
Die Gesundheitsbehörden waren im Juli erstmals auf eine Häufung von Fällen schwerer Lungenerkrankungen bei Nutzern von E-Zigaretten aufmerksam geworden. Die Betroffenen leiden unter Symptomen wie starken Atemproblemen und Brustschmerz, viele müssen künstlich beatmet werden.
Juul stoppte in der Vergangenheit bereits die Werbung in Online-Medien, um Jugendliche nicht zum Kauf der Produkte zu verführen. Nun werde jede Art von Werbung und Lobbyarbeit beendet, teilte das Unternehmen mit. Der neue Juul-Chef Crosthwaite erklärte, dass "die Zukunft der Branche durch zu viele junge Nutzer und nachlassendes Vertrauen gefährdet" sei.
In Deutschland und anderen europäischen Ländern werde die Werbung hingegen nicht gestoppt, sagte ein Sprecher des Unternehmens auf AFP-Anfrage. Er verwies auf die unterschiedliche Zusammensetzung der Produkte in den USA und der EU. Während die E-Zigaretten von Juul in den USA 59 Milligramm Nikotin pro Milliliter enthielten, sei der Nikotingehalt der Produkte in Deutschland mit neun oder 18 Milligramm pro Milliliter deutlich niedriger.
Der Tabakkonzern Altria mit traditionellen Zigarettenmarken wie Marlboro und Chesterfield ist an Juul beteiligt. Er verkündete am Mittwoch auch, die Gespräche mit dem US-Tabakkonzern Philip Morris über eine mögliche erneute Fusion beendet zu haben. Es sei darüber keine Einigkeit erzielt worden, erklärte Altria-Chef Howard Willard. Altria hatte sich im Jahr 2008 von Philip Morris abgespalten.
Als erster US-Bundesstaat hatte Massachusetts am Dienstag den Verkauf von E-Zigaretten vorerst vollständig verboten. Gouverneur Charlie Baker sagte, das Verbot in dem Bundesstaat im Nordosten der USA gelte bis zum 25. Januar. In den kommenden Monaten solle geprüft werden, was die Menschen krank mache und wie solche Produkte besser reguliert werden könnten, um die Gesundheit der Menschen zu schützen, sagte Baker.
Elektrische Zigaretten, bei denen nikotinhaltige Flüssigkeit verdampft wird, haben in den USA und in vielen anderen Ländern in den vergangenen Jahren enorm an Beliebtheit gewonnen. Die Behörden sehen den Trend mit Sorge, zumal bislang wenig über die gesundheitlichen Gefahren bekannt ist.
Befürworter der E-Zigarette argumentieren, sie sei deutlich weniger gesundheitsschädlich als herkömmliche Zigaretten und könne Rauchern dabei helfen, von der Tabaksucht loszukommen. Kritiker befürchten aber vor allem, dass E-Zigaretten Jugendliche nikotinabhängig machen.
In den USA dürfen E-Zigaretten seit Anfang 2019 nur an Konsumenten ab 21 Jahren verkauft werden. Die US-Regierung hat außerdem ein landesweites Verbot von E-Zigaretten mit Aromastoffen angekündigt. Diese sind besonders bei jungen Leuten sehr beliebt.
Auch in Deutschland nimmt der Konsum von E-Zigaretten vor allem bei jungen Leuten zu, wie kürzlich die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mitteilte. In einer Umfrage aus dem Jahr 2018 sagten 4,2 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen und 6,6 Prozent der jungen Erwachsenen, sie hätten in den vergangenen 30 Tagen E-Zigarette geraucht.
Die BZgA warnt, dass die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen des E-Zigarettenkonsums noch nicht untersucht seien. "Insbesondere die Kombination der verschiedenen Inhaltsstoffe könnte bei dauerhaftem Konsum zu Gesundheitsschäden führen", heißt es in einer Broschüre der Bundeszentrale zu E-Zigaretten.
(A.Stefanowych--DTZ)