Europäisches "Recht auf Vergessenwerden" im Internet gilt nicht weltweit
Das in der EU bestehende "Recht auf Vergessenwerden" im Internet müssen Suchmaschinenbetreiber wie Google nicht zwingend weltweit beachten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am Dienstag, dass die Unternehmen außerhalb der EU nicht zur Löschung von Suchergebnissen verpflichtet seien. Die Luxemburger Richter forderten aber zugleich "wirksame Maßnahmen", um den Grundrechtsschutz der Betroffenen sicherzustellen. (Az. C-507/17)
Der EuGH hatte im Jahr 2014 das "Recht auf Vergessenwerden" im Internet gestärkt. Damals entschieden die Luxemburger Richter, dass Suchmaschinenbetreiber auf Antrag Informationen aus ihren Suchergebnissen streichen müssen, wenn diese Angaben die Persönlichkeitsrechte von Betroffenen verletzen.
Hintergrund für das nun ergangene Urteil der Luxemburger Richter zu den Grenzen des "Rechts auf Vergessenwerden" ist ein Streit in Frankreich. Die französische Datenschutzbehörde verlangte von Google eine weltweite Löschung von Links aus den Ergebnislisten. Weil sich der US-Internetkonzern weigerte, verhängte die Behörde eine Geldstrafe von 100.000 Euro. Dagegen zog das Unternehmen in Frankreich vor Gericht.
Die französischen Richter legten den Fall schließlich dem EuGH in Luxemburg vor. Die Entscheidung wurde mit Spannung erwartet, weil ihr wegweisende Wirkung für die Reichweite der EU-Regelungen im Internet zugesprochen wird. Über den konkreten Fall muss jetzt noch in Frankreich entschieden werden.
Die Luxemburger Richter machten aber klare Vorgaben. So stellten sie fest, dass Unternehmen nicht zu einer sogenannten Auslistung der Ergebnisse in allen Versionen ihrer Suchmaschine verpflichtet seien. Der US-Internetkonzern bietet in verschiedenen Staaten jeweils eigene Suchmaschinen an. Die Richter räumten zwar ein, dass mit einer weltweiten Löschung das Schutzziel des Unionsrechts "vollständig erreicht werden könnte". Es würden jedoch nicht alle Staaten ein solches Auslistungsrecht kennen oder sie verfolgten einen anderen Ansatz.
Der EuGH stellte zugleich fest, dass Unternehmen wie Google in allen EU-Staaten zu einer Löschung verpflichtet sind. Zudem müssten sie "hinreichend wirksame Maßnahmen" ergreifen, um einen "wirkungsvollen Schutz der Grundrechte" der betroffenen Bürger sicherzustellen. Das bedeutet demnach, dass Internetnutzer daran gehindert werden sollen, über eine Nicht-EU-Version der Suchmaschine auf die beanstandeten Links zuzugreifen.
Die Luxemburger Richter eröffneten zudem den EU-Staaten eigene Wege. Das Unionsrecht schreibe zwar keine Auslistung in allen vorhandenen Versionen einer Suchmaschine vor, verbiete dies aber auch nicht, erklärte der EuGH. Die Behörden eines EU-Landes blieben daher befugt, nach einer Abwägung zwischen Privatsphäre und Informationsfreiheit gegebenenfalls eine weltweite Löschung einzufordern.
Google begrüßte das Urteil des Gerichtshofs. Das Unternehmen habe seit 2014 hart daran gearbeitet, das "Recht auf Vergessenwerden" einzuführen und ein Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und dem Zugang zu Informationen zu finden, erklärte Unternehmensanwalt Peter Fleischer. Er zeigte sich erfreut, dass der Gerichtshof den Argumenten des Unternehmens gefolgt sei.
(N.Loginovsky--DTZ)