Österreich könnte gegen Ratifizierung des Handelsabkommens Mercosur stimmen
In der EU wächst der Widerstand gegen das Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten. Nachdem Frankreich und Italien bereits wegen der Waldbrände in Brasilien mit einer Ablehnung gedroht haben, forderte am Mittwoch ein österreichischer Parlamentsausschuss die Regierung in Wien auf, ihr Veto gegen die Vereinbarung einzulegen. Die EU-Kommission wollte die Entscheidung nicht kommentieren. Sie verwies aber darauf, dass der Ratifizierungsprozess für das Abkommen noch gar nicht angelaufen sei.
Bei einer Abstimmung im EU-Unterausschuss des österreichischen Parlaments votierten am Mittwoch vier der fünf Parteien gegen das Abkommen. Damit gebe es "einen klaren Auftrag für die zuständigen Ministerinnen", die Vereinbarung auf europäischer Ebene abzulehnen, erklärte die ehemalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). In Österreich wird in gut einer Woche ein neues Parlament gewählt, nachdem das Land seit Juni nur von einer Übergangsregierung aus Experten geführt wird.
Die EU und die Mercosur-Staaten hatten sich Ende Juni nach 20 Jahren Verhandlungen auf ein umfassendes Assoziierungsabkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. Zu dem südamerikanischen Wirtschaftsblock gehören Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay.
Das Abkommen bedarf der Zustimmung des Europaparlaments und der nationalen Parlamente, bevor es endgültig in Kraft treten kann. Die Ratifizierung im EU-Rat der Mitgliedstaaten muss einstimmig erfolgen. Eine Abstimmung ist aber erst bis Ende kommenden Jahres geplant.
Eine Sprecherin der EU-Kommission verwies darauf, dass die Mercosur-Vereinbarung ein weitreichendes Abkommen sei, das auch eine stärkere politische Kooperation umfasse. Über die Bestätigungsverfahren müsse bei jedem Teilabkommen "von Fall zu Fall" entschieden werden, sagte sie.
Bei anderen umstrittenen Abkommen wie Ceta mit Kanada wurde noch vor Abschluss der Ratifizierung auf nationaler Ebene der Handelsteil vorläufig in Kraft gesetzt. Dies ist möglich, weil Handelsfragen alleinige EU-Kompetenz sind.
Wegen der Waldbrände in Brasilien war um das Handelsabkommen innerhalb der EU eine heftige Diskussion entbrannt. Der brasilianischen Regierung wird vorgeworfen, nicht genug gegen die Waldbrände im Amazonas-Regenwald zu unternehmen. Der ultrarechte Staatschef Jair Bolsonaro ist eng mit der brasilianischen Agrarlobby verbündet und zweifelt den menschengemachten Klimawandel an.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Bolsonaro im August wegen der Brände mit einer Blockade des Mercosur-Abkommens gedroht. Auch Irland kündigte ein Veto an, wenn Brasilien nicht energischer gegen die Feuer vorgehe. Die Bundesregierung lehnte einen Einsatz des Abkommens als Druckmittel gegen Brasilien hingegen ab.
Die Grünen im Bundestag begrüßten nun die österreichische Entscheidung. Die Bundesregierung stelle ihrerseits "die Exportinteressen der Industrie über den Klimaschutz, ignoriert die Menschenrechtslage in Brasilien und untergräbt eine nachhaltige Entwicklung in den Mercosur-Staaten", erklärte der entwicklungspolitische Sprecher Uwe Kekeritz.
Der europapolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Andrej Hunko, sprach von einer "guten Nachricht" aus Österreich. Das Mercosur-Abkommen werde "weiter ein Entwicklungsmodell fördern, das auf ungezügelte Ausbeutung der Ressourcen" setze.
Der SPD-Europapolitiker Bernd Lange sprach sich dafür aus, das Abkommen dazu zu nutzen, Druck auf Bolsonaro auszuüben. Dies sei "besser als EU-Mercosur jetzt schon abzulehnen", schrieb der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament im Kurznachrichtendienst Twitter.
(W.Budayev--DTZ)