Bündnis will Firmen bei Menschenrechten und Umweltschutz in die Pflicht nehmen
Deutsche Unternehmen sollen nach dem Willen eines breiten Bündnisses aus der Zivilgesellschaft künftig dazu verpflichtet werden, gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in ihrem Geschäftsbereich vorzugehen. Die "Initiative Lieferkettengesetz" forderte die Bundesregierung am Dienstag auf, bis 2020 eine entsprechende Regelung auf den Weg zu bringen. An dem Bündnis beteiligt sind insgesamt 64 Organisationen, darunter Gewerkschaften, Umwelt- und Menschenrechtsverbände sowie Vertreter kirchlicher Organisationen.
Die Bundesregierung müsse die Unternehmen gesetzlich zur weltweiten Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards verpflichten, forderte das Bündnis anlässlich des siebten Jahrestages des verheerenden Großfeuers in einer Textilfabrik des Unternehmens Ali Enterprises in Pakistan 2012. "Immer wieder gibt es Berichte von brennenden Fabriken, ausbeuterischer Kinderarbeit oder zerstörten Regenwäldern", erklärte die Sprecherin der Initiative, Johanna Kusch.
"Das zeigt: Freiwillig kommen deutsche Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach", kritisierte Kusch. "Die Bundesregierung muss endlich einen gesetzlichen Rahmen schaffen, damit Unternehmen Ausbeutung und Umweltzerstörung nicht weiter in Kauf nehmen."
Opfer von Menschenrechtsverletzungen müssten die Möglichkeit haben, Unternehmen gerichtlich zur Verantwortung zu ziehen, "wenn nötig auch vor deutschen Zivilgerichten", forderte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.
Marion Lieser von Oxfam Deutschland kritisierte, deutsche Supermarktketten täten "im internationalen Vergleich besonders wenig für den Menschenrechtsschutz". Deutlich besser sei die Lage in Großbritannien, "unter anderem weil es dort ein Gesetz zu moderner Sklaverei gibt", erklärte Lieser. "Damit auch die deutschen Supermärkte echte Fortschritte machen, brauchen wir ein Lieferkettengesetz."
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) beklagte unter Verweis auf den Amazonas-Regenwald, zahlreiche Brände würden gelegt, "um Platz für Soja als Tierfutter für die deutsche Massentierhaltung zu schaffen". Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte, "dem vorherrschenden globalen Geschäftsmodell des Umwelt- und Sozialdumpings" müsse Einhalt geboten werden.
In einer Petition fordert das Bündnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), bis 2020 ein Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen. Bei Schäden an Menschen und Umwelt sollen Unternehmen demnach haftbar gemacht werden können.
Lob an dem Vorstoß kam von Grünen und Linken. Die bisherigen freiwilligen Maßnahmen seien "wirkungslos verpufft", kritisierte der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Uwe Kekeritz. Nicht nur die Verbraucher, sondern auch immer mehr Unternehmen forderten gesetzliche Maßnahmen, erklärte er. "Denn ein gesetzlicher Rahmen ermöglicht gleiche Wettbewerbsbedingungen am Markt, schafft Rechtssicherheit und trägt dazu bei, dass die Ausbeutung von Mensch und Natur keine Vorteile für rücksichtslose Unternehmen bringt."
"Es kann nicht sein, dass deutsche Konzerne ungestraft mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung entlang globaler Lieferketten davonkommen", mahnte der Linken-Bundestagsabgeordnete Michel Brandt. Während es in Frankreich bereits ein Lieferkettengesetz gebe, sei die im unverbindlichen Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) der Bundesregierung vorgesehene Unternehmensbefragung so oft verwässert worden, "dass fast jeder auch noch so schmutzige Konzern als Menschenrechtschampion durchgeht."
(M.Dorokhin--DTZ)