Entwicklungsminister Müller präsentiert staatliches Textilsiegel Grüner Knopf
Schwarze Schrift und anstelle des "o" ein grüner Knopf: Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat am Montag das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf vorgestellt. Vergeben wird es an Hersteller, die eine Reihe sozialer und ökologischer Mindeststandards einhalten, ab sofort gibt es Produkte mit dem Label im Handel. Kritik an der Freiwilligkeit des Textilsiegel kam von Umweltschützern und Entwicklungshilfeorganisationen, auch Verbraucherschützer sehen Nachbesserungsbedarf.
Es gehe um "mehr Menschlichkeit" und um "Gerechtigkeit" in den Lieferketten, sagte Müller. Er erinnerte an das Rana-Plaza-Industrieunglück in Bangladesch 2013: Dort krachte damals eine riesige Textilfabrik in sich zusammen, 1138 Menschen wurden getötet, vor allem Näherinnen. Etliche westliche Kleidungsfirmen hatten dort produzieren lassen. "Um diese Frauen geht es", sagte Müller. Die Arbeitsbedingungen vor Ort müssten verbessert werden.
Zu den Kriterien, die die Hersteller für das Siegel erfüllen müssen, gehören 26 soziale und ökologische Mindeststandards, etwa Mindestlöhne und ein Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit sowie Vorgaben zum Chemikalieneinsatz und zur Luftverschmutzung. Auch Anforderungen an das Unternehmen gibt es, zum Beispiel Transparenz und die Bereitschaft, Risiken zu erkennen und Verantwortung zu übernehmen.
Interesse am Grünen Knopf meldeten laut Müller 70 Firmen an, von denen über 50 in den Überprüfungsprozess starteten. In einer ersten Runde starteten am Montag 27 Hersteller mit dem Siegel, darunter Vaude und Tchibo, aber auch Discounter und kleinere Hersteller. Für die Verbraucher soll es letztlich kaum teurer werden - so koste eine Jeans mit dem Grünen Knopf in der Produktion rund einen Dollar mehr.
Nicht nur Kleidung, auch Matratzen, Rucksäcke und andere Textilien können gelabelt werden. Müller rief daher auch Polizei und Krankenhäuser zur Produktbeschaffung auf. Zwar dauere es sichere mehrere Jahre, bis beim Militär ein neuer Rucksack genehmigt sei - "aber vielleicht schaffen wir es, Socken und Unterwäsche in die Bundeswehr zu bringen", die den Grünen Knopf trügen, sagte Müller.
Der Vorsitzende der Evangelischen Kirche (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sprach mit Blick auf das Siegel von einem "großen Fortschritt" und von einer hohen Verlässlichkeit beim Einkauf. "Jeder Mensch hat einen Anspruch darauf, unter menschenwürdigen Bedingungen zu arbeiten." Das Siegel sei ein "erster Schritt" zur Verbesserung.
Auch die Geschäftsführerin des Herstellers Vaude, Antje von Dewitz, sprach von einem "Meilenstein" und zugleich von einem "ersten Wurf", der weiterentwickelt werden müsse. Es sei gut, dass Organisationen Kritik am Grünen Knopf in seiner derzeitigen Form übten.
Die Kritik an dem Siegel ist wahrlich breit. Der Branchenverband textil+mode erklärte schlicht, er habe "kein Vertrauen" in das Label und könne es daher "nicht empfehlen". Der Verband, dem rund 1400 Firmen angehören, sorgt sich, dass die bereits etablierten Siegel, in die die Unternehmen "seit langem viel investieren", Schaden nehmen und an Glaubwürdigkeit verlieren.
Greenpeace lobte zwar Müllers Absicht, die Textilindustrie "fairer und sauberer zu machen". Nach derzeitigem Stand könnten aber auch Produkte aus Gentechnik-Fasern das Label erhalten. Grund dafür ist, dass der Prüfungsprozess nicht auf dem Baumwollfeld und der Faserproduktion, sondern erst beim Färben und Nähen beginnt. Greenpeace forderte verbindliche Ökostandards für die Textilindustrie.
Die Menschenrechtsorganisation Medico International und pakistanische Partnerorganisationen sprachen von "Fairwashing" - dringend nötig seien gesetzliche Regelungen. Ein freiwilliges Label sei "praktisch wirkungslos". Terre des Hommes kritisierte, dass die Prüfung nicht die gesamte Produktionskette im Blick habe - somit seien "Kinderarbeit im Baumwollanbau und Sklaverei in Spinnereien" nicht auszuschließen. Kritik gibt es auch daran, dass Mindestlöhne nicht gleichzeitig existenzsichernde Löhne bedeuteten.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sprach zwar von einem positiven Siegel, das Orientierung beim Kauf biete. Ein Lieferkettengesetz, das alle Unternehmen binde, könne die Menschenrechte aber besser schützen.
(P.Vasilyevsky--DTZ)