Koalition in Berlin einigt sich auf deutlich entschärften Plan für Mietendeckel
Die rot-rot-grüne Koalition hat den Plan für einen rigorosen Mietendeckel angesichts heftiger Kritik deutlich entschärft. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) stellte am Freitag die "Ergebnisse der Verständigung in der Koalition" vor. Demnach soll die Mietobergrenze bei höchstens 9,80 Euro pro Quadratmeter liegen und nicht bei 7,97 Euro. Auch sollen die Mieten nicht rigoros für fünf Jahre eingefroren werden - "moderate" Erhöhungen in Höhe der Inflation sollen bis zur Obergrenze möglich sein.
Lompscher erklärte am Freitag, mit der Einführung eines Mietendeckels "betreten wir juristisches Neuland, mit allen damit verbundenen Unwägbarkeiten". Das sei allen Beteiligten bewusst. "Es ist aber keine Option, die Mietpreisentwicklung und damit die existenzielle Entscheidung darüber, ob Menschen in unserer Stadt ihr Zuhause verlieren, dem Markt zu überlassen."
Der rot-rot-grüne Senat hatte Mitte Juni Eckpunkte für einen Deckel bei Wiedervermietungen beschlossen. Lompscher legte einen ersten Entwurf vor, der nach Bekanntwerden am vergangenen Wochenende für heftige Kritik sorgte. Auch die Koalitionspartner SPD und Grüne gingen auf Distanz.
Bei einem Koalitionstreffen wurde nun ein Referentenentwurf beschlossen. Demnach gilt ab Beschluss des Mietendeckels, also dem 18. Juni 2019, ein Mietenstopp. Die Mietenobergrenze variiert je nach Alter eines Gebäudes zwischen 5,95 Euro und 9,80 Euro für normal ausgestattete Wohnungen. Basis ist der Mietspiegel 2013, nicht wie zunächst geplant von 2011.
Zuschläge auf die Obergrenze in Höhe von zehn Prozent sind für Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern möglich. Bis zu 1,40 Euro pro Quadratmeter mehr dürfen Vermieter demnach nehmen, wenn sie das Gebäude in den zurückliegenden 15 Jahren modernisiert haben.
Mieter können auf Antrag eine Senkung ihrer aktuellen Miete durchsetzen - dafür muss ihre bisherige Nettokaltmiete höher als 30 Prozent des Haushaltseinkommens sein. Soziale Härtefälle sollen einen Zuschuss zur Miete bekommen.
Vermieter sollen Modernisierungskosten bis zu 1,00 Euro pro Quadratmeter beim Bezirksamt melden - wenn die Kosten höher sind, müssen sie dem Entwurf zufolge auf Erforderlichkeit und Angemessenheit geprüft und dann genehmigt werden. Für Vermieter gibt es eine "wirtschaftliche Härteklausel": Wenn sie nachweisen können, dass ihr Gebäude verfällt oder in der Substanz gefährdet ist, dürfen sie auf Antrag Mieten auch oberhalb der Obergrenze nehmen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte nach Bekanntwerden von Lompschers Entwurf betont, ein Gesetzentwurf müsse "rechtssicher" sein. Die Linke im Bund hingegen stellte sich klar hinter Lompscher.
Nach den Änderungen erklärte der Mietenexperte der Unionsfraktion im Bundestag, Jan-Marco Luczak (CDU), die Linke verfolge eine geschickte Strategie: "Erst wird ein radikal überzogener Entwurf lanciert. Nach dem einkalkulierten Sturm der Entrüstung wird dieser dann widerwillig entschärft."
Politisches Kalkül dahinter sei die Hoffnung, dass der Mietendeckel 2.0 nun in milderem Licht erscheine und leichter durchsetzbar sei. "Das ist perfide. Auch der veränderte Mietendeckel greift massiv in das Eigentum privater Kleinvermieter ein und ist verfassungswidrig." Luczak nannte den Grundmechanismus - die staatliche Festsetzung von Mieten - "Planwirtschaft".
Der wohnungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst, erklärte, der Mietendeckel sei "der absolut falsche Weg". Allein die Überlegung, Einkommen und Miete ins Verhältnis zu setzen und behördlich überprüfen zu lassen, sei "völliger Wahnsinn". Gehälter und Mieten müssten offengelegt und kompliziert geprüft werden. Aus datenschutzrechtlichen und bürokratischen Gründen lehne die FDP das strikt ab. Die ohnehin schon überforderten Berliner Behörden könnten das zudem gar nicht leisten.
Im Referentenentwurf heißt es, die Bezirksämter in Berlin könnten sich Unterstützung durch die Investitionsbank und gegebenenfalls "weiterer Beliehener" bedienen. Der Entwurf soll laut Lompscher am 2. September in die Verbändeanhörung gehen. Ein Senatsbeschluss sei für Mitte Oktober vorgesehen.
(P.Vasilyevsky--DTZ)