Sparkassen erwarten durch EZB-Geldpolitik höhere Kosten für Bankkunden
Bankkunden müssen nach Einschätzung von Sparkassenpräsident Helmut Schleweis angesichts der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit steigenden Kosten rechnen. Die EZB setze die "bisherigen wirtschaftlichen Spielregeln außer Kraft", kritisierte Schleweis im "Handelsblatt" vom Donnerstag. "Wir haben schon lange darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen eines Tages die breite Bevölkerung erreichen werden", warnte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV).
Schleweis fürchtet vor allem die langfristigen gesellschaftlichen Folgen der lockeren Geldpolitik der Zentralbank. In Japan hätten jahrelange Minuszinsen zu "wirtschaftlicher Stagnation" und "deutlich steigenden Kosten für Bankkunden" geführt, sagte er der Zeitung. "Ich befürchte, dass wir dies auch in Deutschland erleben werden."
Negativzinsen, auch Strafzinsen genannt, entstehen dann, wenn das Anlegen von Geld keinen Zins mehr bringt, sondern im Gegenteil Geld kostet. Zuletzt hatte die EZB Banken und Märkte auf eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik im September eingestimmt, mit der sie ein Abrutschen der Inflation verhindern und die Konjunktur in der Eurozone ankurbeln will. Für die Geldhäuser dürfte das noch höhere Strafzinsen für Einlagen bedeuten, die sie bei der Notenbank parken.
Diese Aussicht hat eine hitzige Diskussion darüber ausgelöst, ob die Banken die zusätzlichen Lasten auf breiter Basis an ihre Privatkunden weitergeben dürfen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich dafür ausgesprochen, negative Zinsen auf Guthaben bis 100.000 Euro zu verbieten, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) möchte den rechtlichen Rahmen dafür zumindest prüfen lassen.
Schleweis, der die Interessen von rund 380 deutschen Sparkassen vertritt, hält ein Verbot von Negativzinsen für falsch: "Das passt nicht zu unserer Wirtschafts- und Rechtsordnung." Zugleich betonte er, dass die Möglichkeiten der Sparkassen, die Lasten der Geldpolitik abzupuffern, "endlich" seien.
Um die Sparer zu entlasten, forderte Schleweis staatliche Unterstützung bei der privaten Altersvorsorge. "Die öffentliche Hand hat durch die Geldpolitik bisher Zinsvorteile von rund 360 Milliarden Euro. Die privaten Sparer haben rund 300 Milliarden Euro verloren", sagte er. Es liege deshalb nahe, "durch finanzielle Anreize zur Vermögensbildung einen Teil dieser Mittel an die Bürgerinnen und Bürger zurückzugeben".
Er schlug vor, das "Wertpapiersparen durch eine modernisierte Arbeitnehmersparzulage attraktiver zu gestalten". Außerdem "könnten die Bundesländer den Immobilienerwerb durch geringere Grunderwerbsteuern fördern".
Linken-Fraktionsvize Fabio De Masi forderte indes, die Bundesregierung müsse die öffentlichen Investitionen ankurbeln, damit die EZB die Zinsen normalisieren könne. Minuszinsen für Kleinsparer untergrüben "das Vertrauen in die gesetzliche Einlagensicherung", warnte er. "Damit spielt man nicht." Es müsse geprüft werden, ob Banken im Rahmen der gesetzlichen Einlagensicherung die Ausweitung von Strafzinsen auf Kleinsparer untersagt werden könne.
(Y.Ignatiev--DTZ)