Klöckner und Schulze wollen EU im Nitrat-Streit mit Maßnahmenbündel besänftigen
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) haben am Mittwoch in Brüssel ihre Pläne zur Verschärfung der Düngeregeln vorgestellt, mit denen Deutschland künftig die Vorgaben der EU zum Grundwasserschutz einhalten und damit hohe Strafzahlungen abwenden will. Nach Ministeriumsangaben bekräftigten Klöckner und Schulze gegenüber EU-Umweltkommissar Karmenu Vella, mit der Kommission "in allen Punkten" zu einer einvernehmlichen und praktikablen Lösung kommen zu wollen. Das Gespräch sei "sehr konstruktiv" verlaufen.
Hintergrund ist die hohe Nitratbelastung im Grundwasser, verursacht vor allem durch die Landwirtschaft. Damit verstößt die Bundesrepublik gegen die europäische Grundwasserrichtlinie. Die EU hatte der Bundesregierung Ende Juli noch zwei Monate Zeit gegeben, um Maßnahmen zur Senkung der Nitratbelastung zu ergreifen. Um den Streit zu entschärfen, reisten Schulze und Klöckner deshalb nach Brüssel. Dort werden die neuen Vorschläge Klöckners und Schulzes nach Angaben ihrer Ministerien nun von der Generaldirektion Umwelt geprüft.
Im Vorfeld hatten sich Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nach langem Ringen auf eine gemeinsame Linie verständigt. Demnach ist für die besonders nitratbelasteten Gebiete eine Reduzierung der Düngung um 20 Prozent im Betriebsdurchschnitt vorgesehen. Außerdem soll es Aufzeichnungspflichten über die tatsächlich verwendeten Düngemengen und etwa strengere Vorgaben für das Ausbringen von Düngemitteln auf Hangflächen in Gewässernähe geben.
Während die Wasserwirtschaft vor steigenden Kosten durch die Aufbereitung von belastetem Wasser warnt, schürt eine pauschale Reduzierung der Düngung bei den Bauern die Sorge vor Einbußen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte im Vorfeld des Treffens in Brüssel deshalb rasche Klarheit für die deutschen Landwirte angemahnt. Die Bauern bräuchten Planungssicherheit.
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Politiker der Grünen und die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierten die Vorschläge der Ministerinnen indes als unzureichend. "Was die Bundesregierung im Gepäck hat, reicht nicht aus, um die Nitrateinträge in Deutschland nachhaltig zu reduzieren", erklärte Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser. Der Schutz des Grundwassers gegenüber der Landwirtschaft müsse "endlich Priorität haben".
Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken kritisierte, dass landwirtschaftliche Betriebe überdüngte Flächen mit weniger intensiv gedüngten Flächen ausgleichen dürften. "Eine massive Belastung einzelner Felder ist so immer noch möglich."
Die Grünen-Bundestagsabgeordneten Bettina Hoffmann und Friedrich Ostendorff forderten, für einen "echten Schutz" des Grundwassers sei eine klare Neuausrichtung der Agrarpolitik nötig. Dies bedeute "ein Ende der industriellen Massentierhaltung und die Bindung des Viehbestands an die Fläche auf ein umweltverträgliches Maß".
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder rund 90 Prozent der Bundesbürger mit Trinkwasser versorgen, mahnte bessere Kontrollen an. Die zusätzlichen Vorschläge der Bundesregierung würden keine ausreichende Wirkung für den Schutz der Wasserressourcen entfalten, "solange die zuständigen Kontrollbehörden diese nicht überprüfen können", erklärte VKU-Vizepräsident Karsten Specht. Zentral dafür sei die Einführung eines flächendeckenden und transparenten Monitoring-Systems mit digitaler Datenübermittlung.
(O.Tatarinov--DTZ)