Klöckner und Schulze wollen in Brüssel im Nitrat-Streit schlichten
Angesichts der hohen Nitratbelastung im Grundwasser durch die Düngung von Feldern sind Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch zu Beratungen in Brüssel mit EU-Umweltkommissar Karmenu Vella zusammengetroffen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) mahnte im Vorfeld rasche Klarheit für die deutschen Landwirte an. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) äußerte sich hingegen skeptisch zu den Vorschlägen, mit denen die Bundesregierung die EU-Grundwasserrichtlinie künftig einhalten und so hohe Strafzahlungen verhindern will.
Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem vergangenen Jahr, nach dem Deutschland gegen die europäische Grundwasserrichtlinie verstößt. Der Grenzwert von maximal 50 Milligramm Nitrat je Liter Wasser wird in Deutschland an vielen Stellen überschritten, verursacht vor allem durch die Landwirtschaft.
Die EU hatte der Bundesregierung Ende Juli noch zwei Monate Zeit gegeben, um Schritte zur Senkung der Nitratbelastung zu ergreifen. Schulze und Klöckner reisten deshalb nach Brüssel, um den Streit mit der EU-Kommission zu entschärfen. Eine pauschale Reduzierung der Düngung schürt bei den Bauern jedoch die Sorge vor Einbußen.
"Es ist wichtig, dass wir jetzt auch Entscheidungen aus Brüssel bekommen", sagte DBV-Vizepräsident Werner Schwarz am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir verstehen die Problematik", sagte er zu der hohen Nitratbelastung und es sei auch wichtig, dort etwas zu tun, "wo wir Schwierigkeiten mit dem Grundwasser haben". Die Umsetzung der Neuerungen zur Düngung müsse in jedem Fall "schnell stattfinden", forderte Schwarz. Die Landwirte in Deutschland bräuchten Planungssicherheit.
Schulze sagte im Inforadio des RBB, dass nun viele Maßnahmen geplant seien, um die Belastung des Wassers zu verringern. "Ich glaube, dass wir für die EU-Kommission die Sachen, die sie kritisiert haben, jetzt auch ganz konkret adressieren", sagte sie.
Die Devise sei jetzt: "Nicht am Ende alles rausfiltern, sondern vorne weniger reintun", sagte Schulze. Überdies werde es "viele kleinteilige Maßnahmen" geben. "Zum Beispiel da, wo man an Hängen düngt, soll es Grünstreifen am Wasser entlang geben, damit nicht mehr so viel Dünger rausgeschwemmt wird und dann im Grundwasser landet."
Mitte Juni hatten sich Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nach langem Ringen auf eine gemeinsame Linie verständigt, mit denen die Strafzahlungen von bis zu 850.000 Euro pro Tag wegen Verstößen gegen die EU-Vorgaben abgewendet werden sollen. Demnach ist für die besonders nitratbelasteten Gebiete eine Reduzierung der Düngung um 20 Prozent im Betriebsdurchschnitt vorgesehen.
In der vergangenen Woche teilten beide Ministerien dann mit, dass es zudem Aufzeichnungspflichten über die tatsächlich aufgebrachten Düngemengen und Sperrfristen für das Düngen in besonders belasteten Gebieten geben solle. Zugleich müsse der Dünger "bedarfsgerecht bei der Pflanze ankommen".
Der BDEW kritisierte die Vorschläge als unzureichend. "Was die Bundesregierung im Gepäck hat, reicht nicht aus, um die Nitrateinträge in Deutschland nachhaltig zu reduzieren", erklärte Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser. Der Schutz des Grundwassers gegenüber der Landwirtschaft müsse "endlich Priorität haben". Es sei auch eine "Frage der Generationengerechtigkeit, dass der Grenzwert für Nitrat entsprechend der EU-Richtlinie nach über 25 Jahren eingehalten wird".
Verbraucher dürften nicht durch die steigenden Aufbereitungskosten für das Grundwasser "die Zeche zahlen für eine fehlende umweltorientierte Zukunftsstrategie in der Landwirtschaft", erklärte Weyand.
(M.Dorokhin--DTZ)