Schweinehalter und Bauernverband kritisieren Pläne zum Tierwohllabel scharf
Deutschlands Schweinehalter und der Bauernverband haben die Ausgestaltung des geplanten staatlichen Tierwohllabels als "Offenbarungseid" des Bundeslandwirtschaftsministeriums gebrandmarkt. Laut dem dazu eingebrachten Gesetzentwurf, der AFP am Freitag vorlag, will das Landwirtschaftsministerium "im Einvernehmen" mit dem Umweltministerium die Regeln aufstellen. Der Verband der Schweinehalter sprach von einem "Kuhhandel", Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte, er "halte von dem Entwurf nichts".
Der Gesetzentwurf ist derzeit in der Ressortabstimmung. Geplant ist demnach eine Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrats. Das freiwillige staatliche Tierwohllabel soll zunächst für Schweine und später auch für Rind und Geflügel gelten. Das Siegel ist ein Positivkennzeichen: Fleisch, welches das Label trägt, muss nach Kriterien erzeugt worden sein, die "eindeutig über den gesetzlich festgelegten Mindestanforderungen der Tierschutzstandards" liegen. Die Einhaltung dieser Anforderungen soll "regelmäßig überprüft" werden.
Die Regierung will gleichzeitig die Initiative für ein "EU-weites verpflichtendes Kennzeichen" ergreifen, wie es im Entwurf weiter heißt. Die Anforderungen an das staatliche Label in Deutschland sollen demnach sowohl die Haltung als auch den Transport und die Schlachtung der Tiere umfassen. Gemeint sind etwa die Ernährung und Bewegungsmöglichkeiten der Tiere, Lichtverhältnisse und das Stallklima, Transportmittel und bestimmte Tötungsarten.
Das alles sollen Landwirtschafts- und Umweltministerium im Einvernehmen regeln. Das betrifft etwa auch die Gestaltung des Labels, den Inhalt der Werbung und Ausnahmen von bestimmten Vorschriften. Dem Gesetzentwurf zufolge steht auf Missbrauch des Tierwohllabels eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Einen festen Termin für die Befassung des Kabinetts mit dem Gesetz gibt es nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums bislang nicht.
"Ich halte von dem Entwurf nichts", sagte Bauernpräsident Rukwied den Funke-Zeitungen. Das Ressort von Ministerin Julia Klöckner (CDU) gebe damit "originäre Kompetenzen an das Bundesumweltministerium ab". "Wenn solche Vorgaben nur noch im Einvernehmen mit dem Umweltministerium festgelegt werden können, das keine Kernkompetenzen in Bereichen wie Tierernährung besitzt, dann habe ich große Zweifel am Erfolg des Tierwohllabels in der Praxis."
Auch die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) erklärte, sie lehne die aktuellen Pläne "strikt ab". Entweder sei das Thema Sache des Landwirtschaftsministeriums oder wie von ihnen gefordert Chefsache im Bundeskanzleramt. "Ganz sicher gehört das Tierwohllabel jedoch nicht in den Kompetenzbereich des Umweltministeriums", erklärte die ISN.
Nötig sei außerdem ein "schlüssiges Gesamtkonzept" mit einer zentralen Koordinierung. Was jetzt vorliege, sei allerdings ein "für die Praxis unbrauchbares Stückwerk".
Klöckners Ministerium reagierte mit Unverständnis auf die harsche Kritik sowie "Ton und Sprache" des Bauernpräsidenten. Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesregierung sehe vor, "dass Gesetze und Verordnungen zwischen den Ressorts abgestimmt werden, bevor sie das weitere Verfahren durchlaufen", hieß es. Vor einer Befassung des Kabinetts werde dabei Einvernehmen zwischen den Ressorts hergestellt. "Derartige Einlassungen" wie Rukwieds Äußerungen trügen "sicher nicht" zu einem besseren Image der Landwirtschaft bei.
(O.Tatarinov--DTZ)