Bundesregierung untersagt Gabriel Beschäftigung für polnischen Konzern
Die Bundesregierung hat dem früheren Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) die Berufung in den Aufsichtsrat eines großen polnischen Konzerns untersagt. Die von Gabriel gewünschte Beschäftigung für die von dem Milliardär Jan Kulczyk gegründete Holding so kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt hätte "öffentliche Interessen" beeinträchtigen können, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Lorenz Gösta Beutin, die AFP am Freitag vorlag und über die der "Spiegel" zuerst berichtet hatte.
Die Bundesregierung berief sich bei der Entscheidung auf eine im Bundesministergesetz festgeschriebene Karenzregelung. Dieser Regelung zufolge darf sie die Erwerbstätigkeit von Ex-Ministern für 18 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Amt ganz oder teilweise untersagen, wenn öffentliche Interessen beeinträchtigt werden könnten. Dem "Spiegel" gegenüber erklärte Gabriel, er habe der Kulczyk Holding abgesagt, noch während die Bundesregierung seine mögliche Tätigkeit dort geprüft habe.
Die Holding des Milliardärs Kulczyk, der bei seinem Tod 2015 als reichster Mann Polens galt, hat ihren Sitz im Niedrigsteuerland Luxemburg. Der Linken-Abgeordnete Beutin verwies darauf, dass Gabriel als SPD-Chef immer wieder selbst die Steuervermeidung von Konzernen kritisiert habe.
"Sigmar Gabriels Verhalten schadet dem Ansehen der Demokratie und ihrer Vertreter", sagte Beutin der Nachrichtenagentur AFP. "Man gibt bei solch einem gewünschten Seitenwechsel von höchsten Staats- und Parteiamt auf die Seite von Milliardären und Multis ein Bild der Käuflichkeit ab."
Kulczyk hat einen Teil seines Vermögens laut Medienberichten bei der Privatisierung von Staatseigentum nach dem Ende des Kommunismus in Polen gemacht. Der Linken-Politiker Beutin bezeichnete Kulczyks Holding als eine Firma, "die durch den Ausverkauf polnischen Staatseigentums zu Geld gekommen ist und ihre Milliarden an Fiskus und Allgemeinheit vorbeischummelt".
Der Abgeordnete verwies darauf, dass Kulczyk unter anderem mit Investitionen in Kohleförderung und Kohlekraftwerke Geschäfte gemacht habe. Dies sah er im Widerspruch zu Gabriels früherem politischen Engagement als Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsminister.
Aus dem Schreiben von Kanzleramts-Staatssekretär Hendrik Hoppenstedt an Beutin geht hervor, dass Gabriel am 28. September 2018 bei der Bundesregierung seine gewünschte Beschäftigung für die Kulczyk Holding angezeigt habe. Die Bundesregierung habe dann am 28. November 2018 beschlossen, dies für zwölf Monate zu untersagen. Gabriel war von Januar 2017 bis März 2018 Bundesaußenminister, davor war er Bundeswirtschaftsminister.
Beutin wies zudem darauf hin, dass Gabriels Nachfolgerin im Bundeswirtschaftsministerium, Brigitte Zypries (SPD), eine Nebentätigkeit als Aufsichtsratsmitglied der Bombardier Transportation GmbH beantragt habe. Die Bundesregierung habe dies genehmigt, wie aus einer Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 11. Juli hervorgeht. Zypries war von Januar 2017 bis März 2018 Bundesministerin.
Die neue Tätigkeit von Zypries habe "einen unschönen Beigeschmack, gerade weil Bombardier eng mit Staatsaufträgen wie den Kauf von drei Regierungsfliegern im Wert von 200 Millionen Euro und über Fördermittel des Bundes verbunden ist", sagte Beutin zu AFP.
Der Linken-Abgeordnete forderte die Bundesregierung auf, die exakten Gründe für ihre Entscheidungen zu Gabriel und Zypries offenzulegen. "Es kann nicht sein, dass beide Fälle seit Monaten und Wochen von Öffentlichkeit und Medien unbemerkt geblieben sind", kritisierte er.
(W.Budayev--DTZ)