Wirtschaftsweise sprechen sich für Preisschild auf CO2 aus
Ein möglichst einheitliches Preisschild für den Ausstoß von Treibhausgasen ist nach Einschätzung der Wirtschaftsweisen das beste Mittel zum Erreichen der Klimaziele. Ein CO2-Preis, der das Einsparen von Treibhausgasen attraktiver macht, solle das "zentrale klimapolitische Instrument" sein, erklärte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt, am Freitag. Der Handel mit Verschmutzungsrechten solle dafür auch auf den Verkehrssektor und Gebäude ausgeweitet werden.
In ihrem Sondergutachten zur Klimapolitik, das die Bundesregierung bei den Wirtschaftsweisen in Auftrag gegeben hatte, sprachen sich die Forscher für eine umfassende Neuausrichtung der Klimapolitik aus. Spätestens bis 2030 solle der europäische Emissionshandel in allen Mitgliedstaaten auf die Sektoren Verkehr und Gebäude ausgeweitet werden, forderten die Wissenschaftler.
Beim Emissionshandel geht es darum, marktwirtschaftliche Anreize dafür zu schaffen, klimaschädliches Verhalten zu verringern. Auf diesem Prinzip basiert bereits der europäische Zertifikatehandel ETS, durch den bislang knapp 50 Prozent der CO2-Emissionen erfasst werden, vorwiegend im Energiesektor und in der Industrie. Betreiber müssen hier entweder die begrenzt vorhandenen Verschmutzungsrechte nachkaufen - oder aber sie können bei weniger eigenen Emissionen ihre Zertifikate verkaufen. Der Ausstoß von CO2 erhält so quasi ein Preisschild.
Die Debatte über die Klimapolitik hatte zuletzt aber auch deshalb politisch für Zündstoff gesorgt, weil die Kosten für die Emissionen letztlich von den Unternehmen an die Konsumenten weitergegeben werden und damit bei den Bürgern landen, wie auch die Wirtschaftsforscher betonen.
Von einem CO2-Preis im Verkehrs- und Gebäudesektor wären insbesondere Verbraucher etwa in schlecht isolierten Häusern oder Autopendler betroffen. Um "sozialen Verwerfungen" zu vermeiden, sollten den Wirtschaftsweisen zufolge zusätzliche Einnahmen des Staates zurück an die Bürger gehen - etwa durch eine Stromsteuersenkung oder Fördermaßnahmen wie Prämien für den Austausch von Heizungen.
Als "Übergangslösung" hin zu einer sektorübergreifenden CO2-Bepreisung biete sich für Deutschland entweder ein separater Emissionshandel für die beiden Bereiche Verkehr und Gebäude an - oder auch eine CO2-Steuer, erklärten die Wirtschaftsweisen weiter.
Beide Ansätze haben nach Einschätzung der Forscher dabei je nach Ausgestaltung Vor- oder Nachteile. Im Falle einer CO2-Steuer gehen sie davon aus, dass ein Preis zunächst wohl zwischen 25 und 50 Euro je Tonne CO2 angesiedelt würde. Je niedriger der Einstieg sei, desto schärfer müssten allerdings die künftigen Steuererhöhungen ausfallen, gaben die Forscher zu bedenken.
Am kommenden Donnerstag will sich das Klimakabinett mit einem Preis für CO2-Emissionen befassen, bis Ende September will die Bundesregierung eine Grundsatzentscheidung zu konkreten Klimaschutz-Maßnahmen treffen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte, dass die Wirtschaftsweisen die Bundesregierung ermutigten, "marktwirtschaftliche Wege zu gehen". Zugleich werde es noch "breite Diskussionen" und "keine einfachen Entscheidungen" geben, zeigte sich Merkel überzeugt.
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD), die vor einer Woche drei Gutachten vorgestellt und dabei die Notwendigkeit einer CO2-Bepreisung für die Bereiche Verkehr und Heizen betont hatte, fühlte sich durch die Wirtschaftsweisen bestätigt. "Ein sozial gerechter CO2-Preis ist möglich, wenn der Staat das Geld den Bürgerinnen und Bürgern zurückgibt", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte hingegen, eine CO2-Bepreisung könne "bestenfalls die Ergänzung eines starken Klimaschutzgesetzes sein". Schnell sinken werde Deutschlands CO2-Ausstoß nur, wenn die Bundesregierung jetzt rasch die ersten Braunkohlekraftwerke vom Netz nehme.
(A.Stefanowych--DTZ)