EU-Finanzminister pochen auf Europäer als Nachfolger Lagardes beim IWF
Die EU-Finanzminister wollen auf die Tradition pochen, dass der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus Europa kommt. Sie nominierten am Dienstag in Brüssel offiziell die bisherige IWF-Chefin Christine Lagarde aus Frankreich als künftige Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB). Die aktuelle finnische EU-Ratspräsidentschaft kündigte an, die EU-Staaten würden einen gemeinsamen europäischen Kandidaten für ihre Nachfolge beim IWF vorschlagen.
Die Minister hätten den Nominierungsprozess für die IWF-Posten diskutiert, sagte der finnische Finanzminister Mika Lintilä, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz innehat, nach dem Treffen. Das Ziel sei klar: "Es gibt eine einstimmige Übereinkunft, einen gemeinsamen Kandidaten für den Posten vorzuschlagen." Dieser müsse aus Europa kommen. Zu Namen wollte sich Lintilä nicht äußern.
Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna sagte, ein geeigneter Kandidat müsse neben der nötigen Kompetenz auch "große Erfahrung im Krisenmanagement" haben. Gramegna bejahte daraufhin die Frage, ob diese Job-Beschreibung auf den ehemaligen Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem zutreffe. Der frühere niederländische Finanzminister hatte von Januar 2013 bis Anfang 2018 die Treffen der Euro-Staaten geleitet und diese damit durch mehrere Jahre der Finanz- und Schuldenkrise geführt.
Für den Spitzenjob in Washington wurden bereits zahlreiche Kandidaten ins Gespräch gebracht, teilweise auch von außerhalb Europas. Der irische Finanzminister Paschal Donohoe sagte, den Job müsse auf jeden Fall erneut ein Europäer bekommen. Es sei deshalb wichtig, dass sich die EU "geschlossen hinter einen Kandidaten stellt".
Als Lagardes Nachfolger hatte sich auch der ehemalige britische Finanzminister George Osborne ins Spiel gebracht. In der britischen Presse wurde auch Zentralbankchef Mark Carney als geeigneter Nachfolger genannt. Von EU-Diplomaten hieß es aber, es sei wegen des Brexit unwahrscheinlich, dass ein britischer Kandidat die Unterstützung der anderen EU-Länder erhalten werde und zum Zuge komme.
Lagarde war am Dienstag vergangener Woche beim EU-Sondergipfel zur Vergabe europäischer Spitzenposten von den Staats- und Regierungschefs als künftige EZB-Präsidentin vorgeschlagen worden. Die 63-Jährige erklärte daraufhin, sie lasse ihren Posten an der IWF-Spitze während der Nominierungsphase ruhen. Sie war seit 2011 IWF-Chefin, ihre zweite Amtszeit endet eigentlich Mitte 2021.
Die endgültige Ernennung Lagardes zur EZB-Präsidentin soll beim EU-Gipfel im Oktober erfolgen, wie der EU-Rat mitteilte. Zuvor gibt es noch Konsultationen im EZB-Rat und mit dem Europaparlament. Das Mandat des bisherigen EZB-Präsidenten Mario Draghi aus Italien endet am 31. Oktober. Die Amtszeit des EZB-Chefs beträgt acht Jahre.
(A.Stefanowych--DTZ)