Oxfam kritisiert "Ausbeutung" in den Lieferketten deutscher Supermärkte
Die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam wirft den deutschen Supermarktketten vor, nicht genug gegen Menschenrechtsverletzungen bei der Produktion ihrer Waren zu tun. Zwar hätten sich Aldi, Rewe und Lidl im Vergleich zum vergangenen Jahr leicht verbessert - aber "Leid, Ausbeutung und Diskriminierung sind in den Lieferketten deutscher Supermärkte an der Tagesordnung", kritisierte Oxfam am Mittwoch. "Die Supermärkte müssen endlich handeln und dafür sorgen, dass nicht andere die Rechnung für unseren Einkauf zahlen", sagt Oxfam-Expertin Franziska Humbert.
Die Organisation nahm zum zweiten Mal Supermärkte in Deutschland, Großbritannien, den USA und den Niederlanden und ihren Umgang mit Menschenrechten unter die Lupe. In vier Kategorien konnten die Supermarktketten Pluspunkte sammeln: Transparenz, Rechte von Arbeitern, Umgang mit Kleinbauern sowie Frauenrechte. Grundlage dafür sind die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.
Die Daten für die Bewertung holten sich die Oxfam-Forscher aus öffentlich zugängliche Informationen in Nachhaltigkeitsberichten und auf Websites, wo die Unternehmen Handlungsgrundsätze, Projekte und Maßnahmen beschreiben. Die tatsächliche Praxis der Supermärkte und einzelne Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Anbauländern überprüfte Oxfam nicht.
Im Vergleich zum ersten Supermarkt-Check holte Aldi Süd auf: Der Discounter veröffentlichte eine Risikoanalyse zu Menschenrechtsverletzungen seiner Produkte setzte auf Führungsebene einen Menschenrechtsbeauftragten ein. Wie Oxfam hervorhob, wurde Aldi Süd unter anderem durch ein britisches Gesetz gegen moderne Sklaverei zu mehr Transparenz gezwungen. Da Aldi Nord nicht in Großbritannien präsent ist, schnitt das Schwesterunternehmen deutlich schlechter ab.
Die Verbesserungen der Supermärkte im Oxfam-Rating sind vor allem auf den teilweisen Einkauf von Fair-Trade-Produkten oder durch Unterstützung von Kleinbauern in einzelnen Projekten zurückzuführen. Oxfam kritisiert aber in dem Bericht: "Zentrale Maßnahmen der menschenrechtlichen Verantwortung durch Unternehmen bleiben bisher auf der Strecke."
Dazu gehören die Rückverfolgbarkeit und Offenlegung von Lieferanten sowie Informationen zu bei ihnen herrschenden Arbeitsbedingungen, die Zahlung existenzsichernder Löhne, die Schaffungen von Anreizsystemen für Lieferanten mit guten Arbeitsbedingungen, die Verpflichtung zur Vermeidung unlauterer Handelspraktiken gegenüber Lieferanten und die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften sowohl auf internationaler als auch lokaler Ebene.
Im internationalen Vergleich am schlechtesten schnitt Edeka ab. Dass es anders geht, zeigen laut Oxfam die niederländischen Supermarktketten Albert Heijn und Jumbo, die sich im Frühjahr zur Offenlegung ihrer direkten Zulieferer verpflichtet haben.
Wie auch im vergangenen Jahr schneiden die britischen Supermärkte am besten ab. Der bestplatzierte Supermarkt, das britische Unternehmen Tesco, will auch bei Zulieferern existenzsichernde Löhne einführen und hat begonnen, mit Gewerkschaften zusammenzuarbeiten.
(P.Vasilyevsky--DTZ)