IWF-Chefin Lagarde lässt Posten nach Nominierung als EZB-Präsidentin ruhen
Nach ihrer Nominierung als Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) verzichtet Christine Lagarde vorerst auf ihren Posten als Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Nach Gesprächen mit dem Ethik-Komitee und dem Verwaltungsrat des IWF lasse sie ihre Funktionen während der Nominierungsphase ruhen, erklärte die Französin am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Zugleich zeigte sie sich "sehr geehrt" über die kurz zuvor erfolgte Nominierung durch die EU-Staats- und Regierungschefs.
Der IWF äußerte sich zunächst nicht dazu, wer die 63-jährige Lagarde während der Nominierungsphase vertreten soll. Die Aufgabe könnte dem stellvertretenden Chef der Institution, David Lipton, zukommen. Der Vorstand des IWF plante noch für Dienstag ein Treffen, wie ein Sprecher mitteilte.
Lagarde ist seit 2011 IWF-Chefin und die erste Frau auf dem Führungsposten der wichtigen Finanzorganisation. Ihre zweite Amtszeit endet Mitte 2021.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lobte Lagarde als geeignete Kandidatin für den Posten der EZB-Präsidentin. An der Spitze des IWF habe die Französin "viel Erfahrung gesammt", sagte Merkel. Dadurch habe sich die 63-Jährige nach "allgemeiner Meinung" der Staats- und Regierungschefs als EZB-Chefin qualifiziert. Sie werde ihr Amt "mit Umsicht und großem Engagement" ausfüllen.
Auch der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, hält Lagarde für eine gute Wahl. "Christine Lagarde ist eine sehr gute Besetzung für die Position der EZB-Präsidentschaft", sagte Fuest dem "Handelsblatt". Sie sei "sicherlich in der Lage, die unterschiedlichen nationalen Interessen und Perspektiven in der Währungsunion auszubalancieren".
Lagarde habe außerdem "genug politisches Gewicht, um die Unabhängigkeit der EZB gegen politische Übergriffe zu verteidigen", sagte Fuest. Vor allem in Deutschland werde es allerdings eine Debatte darüber geben, warum man sich gegen Bundesbankchef Jens Weidmann entscheide, obwohl mit ihm ein kompetenter Kandidat verfügbar sei. "Es wäre eigentlich naheliegend, dass nach den Niederlanden, Frankreich und Italien nun Deutschland den EZB-Präsidenten stellt."
Nach dreitägigen harten Verhandlungen hatten sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel auf ein Paket für die Neubesetzung europäischer Spitzenposten geeinigt. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wurde als Nachfolgerin von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen. Der belgische Regierungschef Charles Michel soll künftiger EU-Ratspräsident werden. Als EU-Außenbeauftragter wurde der spanische Außenminister Josep Borrell nominiert.
(N.Loginovsky--DTZ)