EU und Mercosur einigen sich auf Schaffung von weltgrößter Freihandelszone
Die Europäische Union und der südamerikanische Wirtschaftsblock Mercosur haben sich auf ein umfassendes Abkommen zur Bildung der größten Freihandelszone der Welt verständigt. "Wir haben eine Einigung", hieß es am Freitagabend aus Brüssel. Angesichts der gegenwärtigen internationalen Handelskonflikte sei dies ein "historischer Moment", schrieb EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf Twitter. Die Verhandlungen über das Abkommen für insgesamt mehr als 770 Millionen Menschen hatten bereits 1999 begonnen.
"Inmitten internationaler Handelsspannungen senden wir ein starkes Signal, dass wir für regelbasierten Handel stehen", ordnete Juncker die Einigung auf das Handelsabkommen im Kurzbotschaftendienst Twitter ein. Es handele sich um die größte jemals geschlossene Handelsvereinbarung.
Auch die brasilianische Regierung sprach von einem "historischen" Abkommen. In Zeiten der "Spannungen und Unsicherheiten im internationalen Handel" hätten beide Seiten einen Kompromiss über eine "wirtschaftliche Öffnung" gefunden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung des Außen- und des Wirtschaftsministeriums in Brasília.
Die Verhandlungen zu dem Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay hatten vor 20 Jahren begonnen. Die nun von der EU-Kommission ausgehandelte Einigung muss noch von den 28 Mitgliedstaaten und danach vom Europaparlament gebilligt werden.
In der EU und den Mercosur-Staaten leben zusammengenommen 776 Millionen Menschen. Das Bruttoinlandsprodukt aller Mitgliedstaaten beläuft sich auf insgesamt 18 Billionen Euro. 2018 hatte der Handel zwischen Europäischer Union und Mercosur-Staaten ein Volumen von 88 Milliarden Euro.
Zu den Knackpunkten in den Verhandlungen hatte zuletzt der Hinweis auf geschützte Herkunftsbezeichnungen gezählt. Außerdem forderten die Europäer eine Öffnung des Auto-Marktes der Mercosur-Staaten. Die Südamerikaner verlangten im Gegenzug eine stärkere Öffnung des europäischen Marktes für ihre landwirtschaftlichen Produkte, insbesondere Rindfleisch.
In mehreren EU-Staaten hatten Landwirte in den vergangenen Monaten wiederholt gegen das geplante Freihandelsabkommen demonstriert. Vergangene Woche brachten auch Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sowie seine Kollegen aus Irland, Polen und Belgien bei der EU-Kommission ihre "tiefe Besorgnis" zum Ausdruck, dass das Abkommen schwerwiegende Auswirkungen auf die Landwirtschaft ihrer Länder haben könne.
Ein paar Tage später drangen Deutschland, die Niederlande, Spanien, Portugal, Tschechien, Lettland und Schweden in Brüssel gemeinsam darauf, dieses "historische Abkommen" zum Abschluss zu bringen. Bedenken wurden hingegen von europäischen und südamerikanischen Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace geäußert.
Das Abkommen nehmen in Kauf, "dass für den Export europäischer Autos Regenwälder und andere wertvolle Natur in Südamerika durch Agrarkonzerne zerstört wird", erklärte Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch am Freitag mit Verweis auf die landwirtschaftliche Produktion.
Vertreter von EU und Mercosur hatten ihre abschließende Verhandlungsrunde am Mittwochabend begonnen. Ihre Einigung verkündeten sie während des G20-Gipfels im japanischen Osaka.
Bei dem Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer spielt der erbitterte Handelsstreit zwischen den USA und China eine wichtige Rolle. US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping wollten am Samstag am Rande des Gipfels in einem bilateralen Gespräch nach einem Ausweg aus dem Handelsstreit suchen.
Der Handelskonflikt zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt schürt rund um den Globus die Furcht vor einem Konjunktureinbruch. Seit dem vergangenen Jahr hat Trump stufenweise Zölle auf eine Reihe chinesischer Güter im Wert von inzwischen insgesamt 250 Milliarden Dollar verhängt. China hat mit Gegenzöllen auf US-Waren im Wert von 110 Milliarden Dollar reagiert - das sind fast die gesamten US-Exporte in die Volksrepublik.
(W.Budayev--DTZ)