Wettbewerbshüter fordern mehr Befugnisse für Kontrolle der Internetwirtschaft
Das Bundeskartellamt fordert mehr Befugnisse für die Kontrolle der Internetwirtschaft. Es sei im Sinne der Verbraucher, wenn das Kartellamt nicht nur Wettbewerbsdefizite feststellen, sondern diese auch beheben dürfe, sagte der Präsident der Wettbewerbsbehörde, Andreas Mundt, am Donnerstag in Bonn. Besonders im Internet könnten bestimmte Praktiken von Plattformen sehr schnell eine große Zahl an Verbrauchern schädigen. Mit den derzeitigen Befugnissen könnten die Wettbewerber nur darauf hinweisen, diese aber nicht abstellen.
Seit 2017 darf das Kartellamt sogenannte Sektoruntersuchungen durchführen. Im April hatten die Wettbewerbshüter etwa ihren Abschlussbericht zu Vergleichsportalen vorgelegt. Mundt kritisierte, dass Portalnutzern oft der Eindruck vermittelt werde, sie hätten einen vollständigen Überblick über den Markt. Oftmals seien aber nicht alle Anbieter auf den Portalen vertreten. Hier würde Mundt gerne einen verpflichtenden Hinweis setzen.
Zweiter Kritikpunkt sind Methoden, mit denen die Portale Druck auf den Kunden ausüben, schnell zu kaufen. "Da heißt es, dass in einem Hotel nur noch zwei Zimmer frei sind und 20 andere sich diese auch anschauen", sagte Mundt. "Was der Verbraucher aber nicht weiß, ist, dass es womöglich auf anderen Portalen noch freie Zimmer gibt und die 20 Personen sich das Hotel für ganz unterschiedliche Zeiträume anschauen." Es sei nun am Gesetzgeber, dem Kartellamt die Mittel an die Hand zu geben, solche Machenschaften zu stoppen.
An anderer Stelle würde Deutschlands oberster Wettbewerbshüter hingegen gerne Fälle abgeben. Seine Beamten prüften im vergangenen Jahr rund 1300 Fusionen von Unternehmen - "so viele wie keine andere Kartellbehörde auf der Welt", betonte Mundt. Lediglich 13 Fälle wurden dann einer vertieften Prüfung unterzogen, weil tatsächlich Wettbewerbsbedenken bestanden. Dieses Jahr wird die Behörde vermutlich auf eine ähnliche Zahl an Fällen kommen.
Hier wünscht sich Mundt, dass die Schwelle, ab der das Kartellamt prüfen muss, künftig flexibler geregelt wird. So konnten die Wettbewerbshüter beispielsweise weder den Fernbusvermittler Flixbus noch die Ticketplattform CTS Eventim einer Prüfung unterziehen, weil diese beim Aufkauf ihrer Konkurrenten noch unterhalb der Umsatzschwelle von 500 Millionen Euro lagen. Beide dominieren mittlerweile ihre Märkte.
Ein ähnlicher Bereich sei der Entsorgungsmarkt, wo viele kleine Müllunternehmen vom Markt verschwinden. "Wenn die Kommunen ausschreiben, haben sie häufig nur noch drei, zwei und manchmal sogar nur noch einen Anbieter", sagte Mundt. Der sinkende Wettbewerb führe aber zu höheren Müllgebühren für die Verbraucher.
Ein Fall, den das Kartellamt aktuell prüft, ist die Übernahme des Grünen Punkts durch den Entsorgungskonzern Remondis. Wie Remondis am Donnerstag erklärte, hat die Firma nun einen "ganzen Katalog an Zusagen eingereicht, um Bedenken der Kartellwächter auszuräumen". Dadurch verschiebt sich die eigentlich für diese Woche erwartete Entscheidung um weitere vier Wochen.
Ein Bereich, der laut Mundt in Zukunft sehr wichtig wird, ist die Regulierung von Internetgiganten wie Facebook und Google. Das Kartellamt hatte Facebook im Februar die Zusammenführung von Nutzerdaten aus seinen Diensten wie Whatsapp und Instagram untersagt. Facebook klagt dagegen vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf.
Nur die Datenverarbeitung der Internetfirmen einzuschränken wird Mundt zufolge bald nicht mehr reichen, weil immer mehr Geschäftsmodelle auf der Auswertung von Daten basieren. Er glaubt, dass der Staat die Datensammler künftig zwingen muss, anderen Firmen Zugang zu ihren Datenschätzen zu gewähren. Die Befugnisse dafür hat das Kartellamt laut Mundts Einschätzung bereits - doch derzeit zögert er noch, sie auch einzusetzen.
(W.Budayev--DTZ)