Weitgehende Einigung auf schärfere Düngeregeln
Bei der Abwendung von Strafzahlungen aus Brüssel wegen hoher Nitratwerte im Grundwasser sieht sich die Bundesregierung auf Kurs. Wie das Bundeslandwirtschafts- und das Bundesumweltministerium am Donnerstag nach einem Spitzentreffen mit Vertretern der Bundesländer und von Verbänden mitteilten, gibt es beim Ringen um schärfere Düngeregeln für Landwirte eine weitgehende Einigung. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnte hingegen, der Teufel stecke weiter im Detail.
Hintergrund ist, dass in Deutschland das Grundwasser an vielen Orten zu stark mit Nitrat belastet ist, verursacht vor allem durch die Landwirtschaft. Doch gegen eine weitere Verschärfung der Düngeregeln hatten Bauern massiv protestiert und vor einer Unterversorgung von Kulturpflanzen gewarnt. Zugleich drohen aber nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom vergangenen Juni Strafzahlungen von mehr als 800.000 Euro pro Tag.
Das Spitzentreffen sei nun eine "sehr erfolgreiche Sitzung" gewesen, sagte der Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, Hermann Onko Aeikens. Bei der Frage, wie der Gewässerschutz umgesetzt werden und gleichzeitig für die landwirtschaftlichen Betriebe handhabbar sein könne, "da sind wir heute ein gutes Stück weiter gekommen". Abzuklären seien lediglich noch "letzte Feinheiten".
Diese Fragen sollen nun "so schnell wie möglich" zwischen beiden Häusern und dann innerhalb der Bundesregierung geklärt werden, sagte der Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth. Er äußerte die Einschätzung, dass bereits in den nächsten Tagen ein Brief mit Vorschlägen zur Reduzierung der Nitratbelastung nach Brüssel gehen könnte, dem sich dann letztlich eine gemeinsame Reise von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) zur EU-Kommission anschließen soll.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte zuvor betont, Ziel der Bundesregierung müsse es sein, der Kommission die Neuregelung der Düngeverordnung "zügig" zu übermitteln. Nach seinen Angaben besteht noch die Möglichkeit, am kommenden Dienstag im Kanzleramt mit den Ministerinnen offene Punkte zu klären.
In die Debatte eingeschaltet hatte sich zuletzt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Wir müssen jetzt handeln", forderte sie am Dienstag auf der Jahreskonferenz des Rats für nachhaltige Entwicklung und sprach sich für geringere Nitrateinträge aus. "Das hat dann natürlich auch Auswirkungen auf bestimmte Formen der Landwirtschaft sowie auf die Intensivhaltung von Tieren", fügte die Kanzlerin hinzu.
Nach Angaben der Wasserwirtschaft ist das Problem vor allem, dass zu viel Gülle aus großen Tiermastanlagen auf die Felder gelangt. Nach der weitgehenden Einigung am Freitag erklärte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) nun, es gebe "einige Verbesserungen, dennoch steckt der Teufel weiterhin im Detail".
Zwar sollten die zulässigen Düngemengen in den nitratgefährdeten Gebieten um 20 Prozent reduziert werden. Diese Reduzierung solle jedoch nicht für alle landwirtschaftlichen Flächen gleichermaßen gelten - sondern vielmehr als Durchschnittswert pro landwirtschaftlichem Betrieb.
"Es hilft aber nichts, wenn auf der einen Fläche deutlich weniger gedüngt wird und dafür an anderer Stelle deutlich mehr Dünger aufgebracht werden darf", kritisierte Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer für den Bereich Wasser/Abwasser. Zudem bestehe die Gefahr, dass die Verordnung durch Ausnahmereglungen ausgehöhlt werde.
Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, forderte, es müsse Ausnahmen für Betriebe und Regionen geben, die nachweislich keine problematischen Nitratemissionen verursachten. Nur so könnten Anreize für den Transport wertvoller Naturdünger aus Tierhaltungs- in Ackerbauregionen gesetzt werden. Die jetzigen Herausforderungen seien "auf dem Mist der Politik gewachsen".
Die Agrarexpertin der Linken-Bundestagsfraktion, Kirsten Tackmann, forderte, wenn "extrem viehdichte Regionen oder Megaställe zu den Hauptursachen gehören", dürfe eine Deckelung der Tierbestände an Standorten und in Regionen nicht länger ein Tabu sein.
(M.Dorokhin--DTZ)