Deutsche Tageszeitung - Industrieverband kritisiert Regierung scharf und fordert Kurswechsel

Industrieverband kritisiert Regierung scharf und fordert Kurswechsel


Industrieverband kritisiert Regierung scharf und fordert Kurswechsel
Industrieverband kritisiert Regierung scharf und fordert Kurswechsel / Foto: ©

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die Bundesregierung scharf kritisiert und zu einem Kurswechsel aufgefordert. "Die Regierungspolitik schadet den Unternehmen", sagte BDI-Präsident Dieter Kempf am Dienstag auf dem Tag der deutschen Industrie in Berlin. Viele Probleme seien dabei "hausgemacht". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte in ihrer Rede vor den Unternehmenschefs die Arbeit der großen Koalition.

Textgröße ändern:

Kempf monierte, die Koalition stehe für das "mutlose Abarbeiten kleinteiliger Sozialpolitik und ein ungesundes Maß an Umverteilung". Er warnte Merkel: "Die Regierung hat einen großen Teil des in sie gesetzten Vertrauens verspielt".

Europa brauche "gerade jetzt angesichts wachsender Herausforderungen in der Weltwirtschaft und in der Konjunktur ein handlungsfähiges Deutschland mit einer entscheidungsstarken Regierung", forderte der Industriepräsident.

In der Klimaschutzpolitik sei Deutschland in der Lage, bis zum Jahr 2050 bei optimaler politischer Steuerung 80 Prozent seiner Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 einzusparen. Wenn es der Politik gelinge, den Klimaschutz zu Internationalisieren, könne Deutschland im Verbund mit anderen Industrieländern sogar mehr als 80 Prozent erreichen.

Kempf forderte "möglichst rasch" Klarheit in der Energie- und Klimapolitik. Vage Ankündigungen bis zum Herbst wie durch das Klimakabinett in der vergangenen Woche reichten bei Weitem nicht aus.

Merkel sieht Deutschland dank Maßnahmen wie dem Kohleausstieg dagegen auf einem guten Weg. Handlungsbedarf gebe es noch in den Bereichen Verkehr, Landwirtschaft und Wohnen, räumte sie ein. Hier wolle die Bundesregierung bis September eine Entscheidung treffen, ob diese Sektoren in den europäischen Emissionszertifikatshandel eingebunden oder spezifische Maßnahmen erlassen werden müssen.

Allgemein verwies die Kanzlerin auf zahlreiche Initiativen der Bundesregierung im Bereich des Netzausbaus, Arbeitsmarkts und der Digitalisierung, von denen die Unternehmen profitieren würden. Die große Koalition tue viel, um die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu verbessern - so werde in dieser Woche im Bundestag ein Gesetz beschlossen, mit dem ausländische Fachkräfte leichter einwandern können, wenn sie in Mangelbranchen arbeiten.

Sie appellierte an die "gemeinsame Verantwortung" von Politik und Unternehmen und kritisierte ihrerseits: "Ich will nicht sagen, wie viele Stunden ich in den vergangenen Monaten mit den Regelverletzungen der Autoindustrie verbracht habe."

Merkel griff auch Kempfs Kritik auf, wonach die Unternehmen in Deutschland zu viele Steuern bezahlen müssten. Sie verwies darauf, dass die Steuersenkungen in den USA erst ein Jahr her seien. "Die Wettbewerbsverhältnisse haben sich erst vor kurzem sehr zu unseren Ungunsten verschoben", sagte Merkel. Sie kündigte an, dass die Regierung über eine Entlastung der Unternehmen nachdenken werde: "Ich werde Herrn Scholz noch heute eine SMS schreiben", sagte sie mit Verweis auf Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

(P.Vasilyevsky--DTZ)

Empfohlen

Einzelhandel in China legt im Oktober zu

Der Einzelhandel in China hat im Oktober so stark zugelegt wie seit Beginn des Jahres nicht mehr. Die Umsätze wuchsen um 4,8 Prozent im Jahresvergleich, wie das Nationale Statistikamt in Peking am Freitag mitteilte. Im September hatte es einen Anstieg von 3,2 Prozent gegeben. Die nun veröffentlichten Zahlen lagen über den Erwartungen von Analysten und lassen auf eine Erholung des Binnenkonsums schließen.

EU-Kommission senkt Prognose für Deutschland - Aussichten für Eurozone besser

Auch die EU-Kommission hat ihre Wachstumsprognose für Deutschland in diesem Jahr weiter abgesenkt - sie erwartet im kommenden Jahr aber ein Plus von immerhin 0,7 Prozent hierzulande. Für die Eurozone rechnet die Kommission im kommenden Jahr mit einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent. Die tatsächliche Entwicklung sei aber stark abhängig von der Weltpolitik - die Energiepreise könnten stark steigen, die Handelshemmnisse zunehmen, warnte Brüssel am Freitag.

Behindertenbeauftragte fordern Abbau "benachteiligender Sonderstrukturen"

Die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern haben massive Defizite bei der Inklusion beklagt. Entgegen verfassungsrechtlicher Zielvorgaben würden Behinderte in Deutschland auch "weiterhin strukturell benachteiligt", kritisierten sie am Freitag zum Abschluss eines Treffens in Bremen. Insbesondere der Abbau "benachteiligender Sonderstrukturen" wie Förderschulen oder Behindertenwerkstätten sei nötig.

Endgültige Genehmigung erteilt: Bergwerk Gorleben darf zugeschüttet werden

Der Weg für die Zuschüttung des früher als potenzielles Endlager für hochradioaktiven Atommüll gehandelten Bergwerks in Gorleben ist frei. Das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie ließ nach Angaben vom Freitag einen neuen Hauptbetriebsplan zu, der ab dem kommenden Jahr gilt. Damit ist nach dessen Angaben nun auch die Verfüllung der Schächte genehmigt.

Textgröße ändern: