Deutsche Tageszeitung - Sicherheitsdebatte zu elektronischer Patientenakte geht weiter

Sicherheitsdebatte zu elektronischer Patientenakte geht weiter


Sicherheitsdebatte zu elektronischer Patientenakte geht weiter
Sicherheitsdebatte zu elektronischer Patientenakte geht weiter / Foto: © AFP

Zwei Wochen vor der bundesweiten Einführung der elektronischen Patientenakte geht die Debatte um die Sicherheit des Angebots weiter. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versicherte am Mittwoch, die Gefahr eines unbefugten Zugriffs auf Daten von Patientinnen und Patienten sei gebannt. IT-Experten, die Ende vergangenen Jahres vor Sicherheitsmängeln gewarnt hatten, widersprachen jedoch.

Textgröße ändern:

Die elektronische Patientenakte (ePA) sei "extrem sicher", sagte Lauterbach in Berlin. Im internationalen Vergleich sei sie "eine der sichersten, vielleicht die sicherste elektronische Patientenakte". Es sei lange daran gearbeitet worden, zu verhindern, dass Daten abgegriffen werden können. "Diese Gefahr ist gebannt."

In der elektronischen Patientenakte werden Diagnosen, Arztbriefe, eingenommene Medikamente und sonstige Gesundheitsdaten digital erfasst. Nach einer Testphase in drei Modellregionen soll sie nun ab dem 29. April deutschlandweit für alle 73 Millionen gesetzlich Versicherten genutzt werden können. Verpflichtend ist die Nutzung im Gesundheitssystem aber erst ab dem 1. Oktober. Ein Widerspruch gegen die Nutzung ist möglich.

Der Chaos Computer Club hatte vor der Mitte Januar begonnenen Testphase in drei Modellregionen auf Sicherheitslücken verwiesen. Demnach könnten Hacker auf verschiedenen Wegen auf Patientendaten zugreifen.

Lauterbach versicherte am Mittwoch, es seien inzwischen zusammen mit Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt worden. Sie verhinderten einen "Massenangriff auf die ePA". Es sei technisch nicht mehr möglich, "dass man viele Daten von den Versicherten sieht".

Die im vergangenen Jahr "demonstrierten Sicherheitsmängel der elektronischen Patientenakte bestehen fort", erklärten auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP hingegen Bianca Kastl und Martin Tschirsich, die im Dezember beim Kongress des Chaos Computer Clubs in Hamburg die Sicherheitsmängel vorgestellt hatten. "Die bisher angekündigten Updates sind grundsätzlich ungeeignet, die aufgedeckten Mängel in der Sicherheitsarchitektur auszugleichen."

"Bei den versprochenen Updates handelt es sich lediglich um den Versuch der Schadensbegrenzung bei einem der vielen von uns demonstrierten Angriffe", betonten die IT-Experten. Sie forderten eine "unabhängige und belastbare Bewertung der demonstrierten Sicherheitsrisiken" und eine "transparente Kommunikation von Risiken gegenüber Betroffenen".

Die Linkspartei im Bundestag erwartet "weitere technische und organisatorische Probleme" in der Anlaufphase. Es bestünden zudem auch datenschutzrechtliche Probleme "etwa bei der Authentifizierung mit der Gesundheitskarte und beim Löschen der Akte", erklärte der Linken-Abgeordnete Ates Gürpinar.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände kritisierte, dass Lauterbach den Starttermin ohne Abstimmung mit ihren Mitgliedern festgelegt habe. Die Freiwilligkeit der Teilnahme in der Übergangsphase bis Oktober begrüßte Vorstandsmitglied Jan-Niklas Francke. Wichtig sei nun, dass "die Gesamtstabilität der Telematikinfrastruktur (...) angesichts der wachsenden ePA-Zugriffe dauerhaft und jederzeit gewährleistet" sei.

Kassenvertreter begrüßten die Einführung der Patientenakte. "Wer die ePA-Nutzung erlaubt, profitiert perspektivisch von weniger Doppeluntersuchungen und weniger gefährlichen Wechselwirkungen zwischen Medikamenten", erklärte die Vorstandschefin der AOK Nordost, Daniela Teichert. "Und er oder sie verschafft den behandelnden Ärztinnen und Ärzten mehr Zeit für die Behandlung - weil perspektivisch alle relevanten Diagnosen und Befunde in der ePA per Mausklick zugänglich sind."

Auch der Verband der privaten Krankenversicherung, wo die Nutzung freiwillig ist, begrüßte das Angebot. Verbandsdirektor Florian Reuther sprach von einem "wichtigen Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Gesundheitswesen". Die ersten privaten Krankenversicherer böten die ePa bereits an. "Weitere Unternehmen planen im Laufe des Jahres zu folgen, so dass bis Ende 2025 die große Mehrheit der Privatversicherten die ePA nutzen kann."

(W.Novokshonov--DTZ)

Empfohlen

Bei Überschwemmungen zerstörte Ahrtalbahn wiedereröffnet

Mehr als vier Jahre nach der Hochwasserkatastrophe im rheinland-pfälzischen Ahrtal ist die damals zerstörte Strecke der Ahrtahlbahn wieder eröffnet worden. Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), Ministerpräsident Alexander Schweizer (SPD) und Bahn-Chefin Evelyn Palla nahmen am Freitag an der Eröffnungsfahrt teil. Ab Sonntag fahren auf der Strecke wieder zwei Regionalzuglinien im regulären Betrieb.

EU-Staaten einigen sich auf Paketabgabe auf Billigimporte - vor allem aus China

Im Kampf gegen Billigimporte aus Drittländern wird ab Juli in der EU eine Sonderabgabe von drei Euro auf kleinere Pakete aus Drittstaaten erhoben. Das beschlossen am Freitag die EU-Finanzminister. Die neue Regelung betrifft vor allem Sendungen von Billighändlern chinesischen Ursprungs wie Temu und Shein. Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßte die Abgabe als "ersten Schritt" zu fairem Wettbewerb.

Merz hofft auf Aufweichung von EU-Vorgaben für Neuwagen

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hofft auf deutliche Lockerungen der CO2-Vorgaben für Neuwagen in der EU. Er begrüßte am Freitag Signale aus Brüssel in dieser Richtung. Die EU-Kommission teilte zwar mit, die finale Entscheidung stehe noch aus, verwies jedoch darauf, dass Präsidentin Ursula von der Leyen in der Vergangenheit bereits "mehr Flexibilität" beim Erreichen der CO2-Ziele zugesichert habe. Die Umweltorganisation Transport & Environment forderte die Kommission auf, Forderungen der Autoindustrie nicht nachzugeben.

EU-Staaten einigen sich auf Einfuhrgebühr in Höhe von drei Euro für kleine Pakete

Ab Juli wird auf Waren im Wert von weniger als 150 Euro, die in die EU geschickt werden, eine Einfuhrgebühr in Höhe von drei Euro erhoben. Darauf einigten sich am Freitag die EU-Finanzminister. Die neue Regelung betrifft vor allem Sendungen von Billighändlern chinesischen Ursprungs wie Temu und Shein. Der französische Wirtschaftsminister Roland Lescure sprach von einem "großen Erfolg für die Europäische Union".

Textgröße ändern: