Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht nur teilweise zurückgegangen
Die Reform des Arzneimittelgesetzes vor fünf Jahren hat den Einsatz von Antibiotika in den deutschen Ställen nur zum Teil verringern können. In der Geflügelaufzucht werden für Menschen wichtige Wirkstoffe weiterhin in großer Menge eingesetzt, wie aus einem Evaluierungsbericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums hervorgeht, der AFP am Mittwoch vorlag. Diese Mittel gelten aber als letzte Reserve für lebensbedrohlich erkrankte Menschen. Zuerst hatten die "Süddeutsche Zeitung" und der NDR darüber berichtet.
Dem Evaluierungsbericht zufolge ging der Antibiotika-Einsatz bei Schweinen und Ferkeln vom zweiten Halbjahr 2014 bis zum zweiten Halbjahr 2017 um mehr als 40 Prozent zurück - von knapp über 200 Tonnen auf rund 112 Tonnen. Bei Hühnern und Puten sowie bei Kälbern blieben die verabreichten Mengen hingegen fast unverändert.
Problematisch ist, dass rund 40 Prozent der beim Geflügel eingesetzte Menge an Antibiotika zu den sogenannten Reserve-Antibiotika gehört. Je häufiger diese Medikamente in Ställen eingesetzt werden, desto mehr Keime entstehen, bei denen die Mittel nicht mehr wirken. Resistente Bakterien können dann etwa über Staub oder Wasser zum Menschen gelangen.
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Friedrich Ostendorff, hob hervor, dass die Therapiehäufigkeit in großen Betrieben laut dem Evaluierungsbericht höher sei als in kleinen und mittleren Betrieben. "Die Entwicklung in der Landwirtschaft, dass kleine Betriebe zumachen und die großen Betriebe immer mehr Tiere halten, wirkt dem Reduktionsziel also entgegen", sagte er AFP.
"In der intensiven Agrarindustrie leben die Tiere in drangvoller Enge, ohne Einstreu, ohne Beschäftigung und ohne Zugang nach draußen auf ihren eigenen Exkrementen." Das sei der Grund, weshalb sie so häufig mit Antibiotika behandelt werden müssen, kritisierte Ostendorff. Die intensive Tierhaltung mache die Tiere krank. Der Grünen-Politiker forderte einen grundlegenden Wandel in der Tierhaltung.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium verwies am Mittwoch darauf, dass der Evaluierungsbericht vor der Verabschiedung im Kabinett nicht offiziell veröffentlicht werde. Damit sei im Juni zu rechnen. Aus den Ergebnissen des Berichts "werden wir gegebenenfalls gesetzgeberische Schlussfolgerungen ziehen", kündigte ein Sprecher von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) gegenüber AFP aber an.
Zu viel Antibiotika habe in Ställen und vor allem in den Tieren nichts zu suchen, betonte der Sprecher. Das Ministerium arbeite intensiv an der Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung. Insgesamt ist der Einsatz der Medikamente in Deutschland bereits stark gesunken - von 2011 bis 2017 um 57 Prozent auf 733 Tonnen.
(O.Tatarinov--DTZ)