Hamburg verzichtet bei Fernwärme bis spätestens 2030 auf den Einsatz von Kohle
Die Millionenstadt Hamburg will bei ihrer Fernwärmeversorgung bis spätestens 2030 auf Kohleverbrennung verzichten. Das gaben die beiden Regierungsparteien SPD und Grüne am Dienstag nach einer Übereinkunft mit der Volksinitiative "Tschüss Kohle" bekannt. Die Energie aus zwei für die Wärmeversorgung zentralen Heizkraftwerken auf Kohlebasis soll bis dahin durch die vermehrte Nutzung von Wärme aus erneuerbaren Energien, Abwärme aus Industrie und Müllverbrennungsanlagen sowie Erdgas abgelöst werden.
Hintergrund ist ein komplexes neues Energieversorgungskonzept, das in den vergangenen Monaten erarbeitet wurde. Die Hansestadt soll dadurch nach Angaben des rot-grünen Senats ab 2030 jährlich bis zu 600.000 Tonnen CO2 weniger ausstoßen als heute.
Die Regierung sicherte den Verbrauchern "Preisstabilität im Rahmen der allgemeinen Entwicklung im Wärmemarkt" zu. Auch die Versorgungssicherheit bleibe gewahrt, betriebsbedingte Kündigungen im Erzeugungsbereich soll es nicht geben.
"Hamburg sendet mit dieser Einigung ein deutliches Signal an den Bund und zeigt, was alles möglich ist, wenn das Projekt Klimaschutz gesamtgesellschaftlich angegangen wird", erklärte Dirk Kienscherf, SPD-Fraktionschef in der Hamburger Bürgerschaft. Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks sprach von einem "hervorragenden Ergebnis", die Umweltschutzorganisation BUND von einem "gangbaren Kompromiss".
Fernwärme ist ein wichtiger Faktor bei der Energieversorgung vieler Großstädte. Der Hamburger Senat hatte das dominierende Fernwärmenetz der Stadt samt der dazugehörigen Heizkraftwerke 2018 vom Konzern Vattenfall zurückgekauft, die Politik kann deshalb eigenständig über die Ausrichtung entscheiden. SPD und Grüne wollen das entsprechende Gesetz nach eigenen Angaben demnächst in die Bürgerschaft einbringen.
Die Volksinitiative "Tschüss Kohle" hatte im vergangenen Jahr genug Unterschriften gesammelt, um die Hamburger Bürgerschaft zur Befassung mit einem von ihr erarbeiteten Gesetzentwurf zu einem Kohleausstieg zu zwingen. Bei Ablehnung hätte sie ein Volksbegehren starten können.
SPD und Grüne traten daraufhin in monatelange Verhandlungen mit der Initiative und erzielten nach eigenen Angaben einen Kompromiss. Die Initiative möchte eigentlich einen Kohleverzicht bei der Hamburger Fernwärme bis 2025 sowie zusätzlich einen Kohleausstieg bei der Stromproduktion bis 2030 erreichen. Stimmt die Bürgerschaft der Einigung nun zu, verzichtet die Initiative auf ein Volksbegehren.
Die Hamburger Energiepolitik ist seit Jahren Gegenstand politischer Kontroversen. Ein erfolgreiches Volksbegehren von 2013 verpflichtete den Senat, die Strom-, Erdgas- und Fernwärmenetze vom Energiekonzern Vattenfall zurückzukaufen. Dies wurde schrittweise umgesetzt. Anders als bei der Fernwärme wechselten die Kraftwerke zur Stromversorgung aber nicht in die öffentliche Hand, die Stadt hat hier keinen Zugriff.
Ein zentraler Streitpunkt im Bereich der Fernwärmeversorgung war die Frage, ob das von Vattenfall 2015 in Betrieb genommene Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg künftig Energie in das Fernwärmenetz einspeisen soll, um etwa die Lieferungen aus einem demnächst aus Altersgründen zu ersetzendes Heizkraftwerk abzulösen. Dies lehnt die Initiative ab, weil damit auf Jahrzehnte eine weitere Kohlenutzung zementiert würde. Die Einigung mit dem Senat schließt diese Option endgültig aus.
(W.Budayev--DTZ)