Monsanto hatte Listen in mindestens sieben Ländern - darunter in Deutschland
Der US-Saatgutkonzern Monsanto hat Kritiker-Listen in mindestens sieben europäischen Ländern erstellen lassen. Wie der neue Eigentümer Bayer am Dienstag mitteilte, geht der Konzern derzeit davon aus, dass die PR-Agentur Fleishman Hillard in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Polen, Spanien und in Großbritannien kritische Politiker und Journalisten auflistete, zudem Kritiker im Umfeld der EU-Institutionen. Betroffene sollen "spätestens Ende der kommenden Woche" kontaktiert werden.
Bayer beauftragte die internationale Anwaltskanzlei Sidley Austin mit den Nachforschungen zu den Listen. Koordiniert werde die Arbeit vom Brüsseler Büro der Kanzlei. Sie soll auch die Betroffenen kontaktieren. Wie viele Politiker, Wissenschaftler und Journalisten auf den Listen standen, konnte Bayer noch nicht sagen.
Anfang Mai war in Frankreich bekannt geworden, dass Fleishman Hillard im Auftrag Monsantos geheime Listen mit Kritikern führte. Laut einem Bericht des Senders France 2 wollte Monsanto die Kritiker "erziehen", besonders hartnäckige Gegner sogar "überwachen". Bayer entschuldigte sich.
Der Umweltpolitiker Harald Ebner (Grüne) sagte der Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch, der Konzern müsse die Betroffenen in den sieben Ländern und in Brüssel sofort informieren. "Warum nicht heute oder morgen? Für weiteres Verschleppen habe ich kein Verständnis."
Wenn der Verdacht entstehe, "dass die Daten erst noch geschönt oder bereinigt werden sollen", dann sei dem Bayer-Image wenig geholfen. Ebner verlangte zudem, der Konzern müsse die Zusammenarbeit mit der PR-Agentur komplett einstellen und nicht nur teilweise, wenn er sich glaubwürdig von diesen Praktiken distanzieren wolle.
Bayer arbeitet weiterhin mit Fleishman Hillard in verschiedenen Feldern zusammen. Die Zusammenarbeit in den Bereichen Kommunikation und Lobbying hat der Konzern bis auf weiteres beendet -im Marketing soll sie aber weiterlaufen, wie das Unternehmen mitteilte.
Bayer hatte Monsanto vergangenes Jahr für eine Rekordsumme von 63 Milliarden Dollar (56 Milliarden Euro) gekauft. Der US-Konzern steht bei Umweltschützern seit Jahren in der Kritik, weil er einer der führenden Anbieter gentechnisch veränderten Saatguts sowie glyphosathaltiger Unkrautvernichtungsmittel ist. Glyphosat steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Bayer weist das zurück.
(N.Loginovsky--DTZ)