Eisenbahn-Gewerkschaft fordert neue Prioritäten in Verkehrspolitik
Hunderte Bahn-Beschäftigte haben in Berlin für mehr Geld für die Schiene demonstriert. "Die Prioritäten in der Verkehrspolitik müssen neu gesetzt werden", forderte der Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Alexander Kirchner, bei der Kundgebung am Montag vor dem Bundesverkehrsministerium in Berlin. Er schlug einen "Masterplan Verkehr" vor - "mit einer deutlich stärkeren Ausrichtung auf die Schiene im Sinne von Klima und Umwelt".
"Seit Jahren müssen die Eisenbahner zusehen, wie das System Schiene in den Kollaps getrieben wird", sagte Kirchner vor den laut Gewerkschaftsangaben 700 Teilnehmern. Er forderte: "Die Wirtschaftlichkeit hat hintenanzustehen. Schlechtes Image, Unpünktlichkeit und schlechte Qualität - damit muss Schluss sein."
Passend zur Kritik vermeldete die EVG, dass 50 Bahnmitarbeiter aus Frankfurt am Main auf dem Weg zur Demonstration in Kassel gestrandet seien. Grund war demnach eine technische Störung am ICE, Alternativzüge seien völlig überfüllt gewesen. "Da wissen wir gleich, warum wir unterwegs sind", schrieben die Gewerkschafter im Netz.
Unterstützung bekam die EVG von den Linken. "Im Haushaltsplan 2020 muss deutlich mehr Geld für den Ausbau der Schienenwege bereitgestellt werden, damit mehr Menschen vom Pkw auf die klimafreundliche Bahn umsteigen und deutlich mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert wird", forderte der Haushaltspolitiker Victor Perli. Er schlug vor, einen Teil der Einnahmen aus der Lkw-Maut für das Schienennetz zu verwenden.
Außerdem müssten Bund und Länder wieder direkten Einfluss auf das operative Geschäft der Deutschen Bahn bekommen. Bisher kann der Staat als einziger Aktionär nur indirekt auf konkrete Investitionsentscheidungen der Bahn Einfluss nehmen.
Kritik an der Aktion kam von der Konkurrenzgewerkschaft. "Öffentlicher Lärm bringt die Bahn nicht voran", erklärte der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky. Er kritisierte einen "ineffizienten und sich selbst vermehrenden Verwaltungsapparat", der das Zugpersonal mit immer neuen Sparmaßnahmen gängele. Weselsky warf der EVG vor, hauptsächlich für die Mitarbeiter der Zentrale auf die Straße zu gehen.
Weiter kritisierte er, dass die EVG so tue, "als ob allein fehlende Steuermittel den katastrophalen Zustand des Eisenbahnsystems herbeigeführt hätten". Dabei würde der größte Teil des Geldes unnütz in der Verwaltung versickern. Zunächst müsste "Schluss sein mit Heerscharen von Unternehmensberatern, Besserwissern und Erbsenzählern", dann erst solle frisches Geld fließen.
(W.Uljanov--DTZ)