Verfassungsbeschwerde gegen EU-Handelsabkommen mit Singapur eingereicht
Mit einer Verfassungsbeschwerde gegen das EU-Handelsabkommen mit Singapur will ein Aktionsbündnis Freihandelsverträge dieser Art stoppen. Das Abkommen stehe exemplarisch für eine neue Art von Verträgen, mit denen ohne Beteiligung des Bundestags weitreichende Kompetenzen auf die EU übertragen würden, begründeten die Verbraucherorganisation Foodwatch, das Kampagnennetzwerk Campact und der Verein "Mehr Demokratie" am Donnerstag in Karlsruhe ihren Gang zum Bundesverfassungsgericht.
Durch solche Verträge könnten "demokratisch nicht legitimierte Handelsausschüsse" Entscheidungen treffen, "die tief in das Leben der europäischen Bürger eingreifen". Dies betreffe beispielsweise die Kennzeichnung von Lebensmitteln oder die Liberalisierung von Dienstleistungen. Das Bündnis sieht deshalb einen Verstoß gegen das Grundgesetz und reichte die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein.
Foodwatch, Campact und "Mehr Demokratie" forderten, dass der Bundestag über Abkommen wie den EU-Vertrag mit Singapur abstimmen und klar definieren müsse, welche Kompetenzen und Rechte auf die EU-Ausschüsse übertragen würden.
Durch das EU-Singapur-Abkommen finde ohne Zustimmung des Bundestags eine "unzulässige Kompetenzübertragung vom Nationalstaat auf die EU" statt, erklärte der Prozessbevollmächtigte des Bündnisses, Wolfgang Weiß. Es installiere zudem Ausschüsse, die "sehr weitgehende und völkerrechtlich bindende Entscheidungen treffen können und trotzdem keiner demokratischen Kontrolle unterworfen sind".
"Die Verfassungsbeschwerde richtet sich nicht gegen die Europäische Union und auch nicht gegen internationalen Handel", hob "Mehr Demokratie"-Bundesvorstand Roman Huber hervor. Aber wenn die EU mit ihrer "EU-only-Strategie" durchkomme, würden dutzende weitere Verträge folgen, "bei denen die Parlamente in den entscheidenden Fragen außen vor bleiben". Das schwäche die Demokratie in Europa.
Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode erklärte, gerade weil das Bündnis für Europa sei, kritisiere es die neuen europäischen Handelsverträge. "Wir dürfen die Kritik an der EU nicht den Europafeinden überlassen", mahnte Bode. Die Abkommen seien ein Türöffner "für einen noch stärkeren Einfluss von Konzerninteressen auf die Politik in Europa - zum Nachteil von Verbraucher-, Umwelt- und Gesundheitsschutz".
Das Europaparlament hatte dem Handelsabkommen Mitte Februar zugestimmt. Der Vertrag soll binnen fünf Jahren praktisch alle Zölle zwischen der EU und dem südostasiatischen Land abschaffen. Der Rat der EU-Staaten muss das Handelsabkommen nur noch formal abschließen, in Kraft tritt es dann zwei Monate später. Verabschiedet wurden auch ein Investitionsschutzabkommen und ein Kooperationsabkommen mit Singapur, die aber von den Parlamenten der EU-Staaten ratifiziert werden müssen.
(M.Dorokhin--DTZ)