Studie: Nutriscore ist die verständlichste Lebensmittelkennzeichnung
Auf einen Blick Klarheit über die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln: Einer neuen Studie zufolge ist der Nutriscore die verständlichste Kennzeichnung für deutsche Verbraucher, wie die Organisation Foodwatch am Mittwoch mitteilte. Die Nahrungsmittelindustrie ist hingegen gegen eine Einführung der Lebensmittelampel.
Der Nutriscore ist ein fünfstufiger Farbcode von Grün nach Rot, den etwa Frankreich, Belgien und Spanien unterstützen. Dabei werden verschiedene Inhaltsstoffe wie Salz, Zucker und Fruchtgehalt mit Punkten bewertet und zu einem Score verrechnet. Zusätzlich werden die Lebensmittel mit Buchstaben von A bis E bewertet.
Für die Studie testeten vergangenes Jahr französische und australische Forscher verschiedene Kennzeichnungsschemata an tausend deutschen Verbrauchern. Die Probanden mussten online jeweils verschiedene Kuchen, Pizzen oder Müslis nach ihrem Nährwertgehalt anordnen. Getestet wurden neben dem Nutriscore auch die britischen "Multiple Traffic Lights", das australische "Health Star Rating System", chilenische Warnzeichen und das in der Industrie gebräuchliche GDA-Schema mit der empfohlenen täglichen Höchstmenge.
Der Nutriscore schnitt dabei in jeder Lebensmittelkategorie am besten ab, gefolgt von der britischen Kennzeichnung. Foodwatch kritisierte, obwohl damit inzwischen mehr als 30 wissenschaftliche Studien zum Nutriscore vorlägen, lehne Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) das Modell weiter ab und behaupte, es gebe weiteren Forschungsbedarf.
Klöckner hatte Mitte April angekündigt, dass die Bundesregierung ein eigenes Modell zur Nährwertkennzeichnung entwickeln will. Dieses soll dann ebenfalls in einer Vergleichsstudie mit anderen Modellen an Verbrauchern getestet werden.
Der Hauptgeschäftsführer des Bunds für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), Christoph Minhoff, entgegnete: "Ampelfarben und Buchstaben mögen verständlich sein, aber deren Aussage ist nicht immer die Richtige." Solche Systeme suggerierten, dass ein bestimmtes Produkt gesund oder ungesund ist, erklärte der Industrieverband weiter. "Ein ausgeglichenes Nährwertprofil eines jedes einzelnen Lebensmittels ist aber aus ernährungswissenschaftlicher Sicht schwer möglich und auch nicht notwendig, da im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung durchaus Lebensmittel mit unterschiedlichem Nährwertprofil kombiniert werden können", teilte der BLL mit.
Die Bundesregierung ist bei der Einführung einer Lebensmittelampel auf die Industrie angewiesen, weil sie die Unternehmen nach derzeitigem EU-Recht nicht dazu verpflichten kann, diese auch auf ihre Packungen zu drucken.
Der Spitzenkandidat der Grünen für die Europawahl, Sven Giegold, versprach: "Nach der Wahl werden wir als Grüne im Europaparlament einen neuen Anlauf unternehmen, europaweit eine Lebensmittelampel einzuführen". Ein europaweites Nährwertlogo sei 2010 noch am heftigen Lobbydruck der Lebensmittelindustrie und dem Widerstand der Unionsabgeordneten gescheitert.
Die FDP ist gegen eine Reform der Lebensmittelkennzeichnung. "Die Verantwortung für seine Ernährung liegt immer zuerst beim einzelnen Verbraucher", erklärte der agrarpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Gero Hocker. "Ob beispielsweise ein Glas Apfelsaft weniger gesund ist, als eine mit Süßstoff versehene Cola-Light, sollte der Verbraucher selbstständig kritisch hinterfragen und nicht blindlings einem Bewertungssystem folgen, welches genau dies suggeriert".
Schüler sollten stattdessen lieber im Unterricht eine gesunde Lebensweise und den Dreisatz lernen. "Damit lassen sich alle wichtigen Informationen aus der bisherigen Nährwerttabelle ableiten".
(O.Tatarinov--DTZ)