Union und SPD einigen sich auf Verbesserungen für Paketboten
Nach langem Ringen hat sich die große Koalition darauf verständigt, die Arbeitsbedingungen von Paketboten zu verbessern und dafür die von der SPD geforderte Nachunternehmerhaftung einzuführen. Im Gegenzug setzten die Unionsspitzen im Koalitionsausschuss am Dienstagabend durch, dass der bürokratische Aufwand für Unternehmen verringert werden soll. DGB-Chef Reiner Hoffmann sprach von einem "wichtigen Durchbruch" für Paketboten.
Die Nachunternehmerhaftung soll dafür sorgen, dass die großen Zustelldienste künftig bei Verstößen ihrer Subunternehmer gegen die Sozialversicherungspflicht einstehen und die Beiträge zahlen. Die Unternehmen werden damit also für mögliche Schummeleien ihrer Vertragspartner in Haftung genommen, was letztlich die Lage der Arbeitnehmer in der Branche verbessern soll. Eine ähnliche Regelung gilt bereits in der Baubranche und in der Fleischindustrie.
Gegen die Nachunternehmerhaftung hatte es allerdings lange Zeit Widerstand aus der Union gegeben. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wies die Pläne von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wiederholt zurück und warnte, jetzt sei nicht der Zeitpunkt für neue Belastungen der Wirtschaft.
Nun einigten sich die Koalitionsparteien schließlich nach rund vierstündigen Beratungen unter dem Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Nacht zum Mittwoch auf die Doppellösung, die neben den Verbesserungen für die Paketboten auch ein Gesetzesvorhaben zum Bürokratieabbau einschließt. Diese Entlastung vor allem für kleine und mittlere Unternehmen hatte die Union zur Bedingung für ihre Zustimmung gemacht.
Das Gesetzesvorhaben zum Bürokratieabbau soll "spürbare Entlastungen für die Wirtschaft" enthalten, die sich auf mindestens eine Milliarde Euro summieren, heißt es in einem Ergebnispapier der Koalitionsrunde. Profitieren sollen davon auch Bürger und Verwaltung. Zu diesem Vorhaben soll es nun "kurzfristig" ein Gespräch der Bundesminister für Wirtschaft, Arbeit, Finanzen und Inneres geben.
DGB-Chef Hoffmann begrüßte die Verbesserungen für die Paketboten im Sender SWR2. Es könne nicht sein, dass Unternehmen systematisch Sozialversicherungsbetrug betrieben, zulasten der Beschäftigten.
Der Arbeitsmarkt in der Paketbranche sei "zweigeteilt", erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis. Zwar gebe es einerseits tariflich und sozial geschützte Arbeitsplätze, zugleich sei die Wachstumsbranche aber auch "von Sub- und Subsubunternehmen geprägt". Hier seien die Arbeitsbedingungen vielfach "katastrophal".
Künftig werde nun auch in der Paketbranche "Lohndumping und Tricksereien mit dem Mindestlohn" ein Riegel vorgeschoben, lobte die arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kerstin Tack, die Koalitionseinigung. Die Sozialdemokraten hätten sich "erfolgreich mit ihrer Forderung durchgesetzt".
Die Grünen lobten die Einigung ebenfalls, erklärten aber, dies hätte schon "viel eher" gelingen müssen. Außerdem müsse die Nachunternehmerhaftung mit "flächendeckenden Prüfungen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit flankiert" werden.
Bei den Beratungen im Berliner Kanzleramt steckten die Partei- und Fraktionsspitzen am Dienstagabend auch den Weg für weitere Koalitionsvorhaben angesichts der enger werdenden finanziellen Spielräume ab. Konkrete Beschlüsse wie etwa zum Streitthema Grundrente oder zur Klimapolitik wurden dabei noch nicht gefasst. Es habe aber eine Verständigung auf "wesentliche Punkte der weiteren Arbeitsplanung" für den Haushalt 2020 und die Arbeit des Klimakabinetts gegeben, das die gesetzliche Umsetzung der Klimaschutzziele sicherstellen soll, heißt es in dem Koalitionspapier.
An dem Koalitionsausschuss nahmen neben Merkel die Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Markus Söder (CSU) und Andrea Nahles (SPD) sowie Unionsfraktionschef Ralf Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teil. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) unterrichtete über die Haushaltslage im Lichte der in der vergangenen Woche vorgelegten Steuerschätzung, die die Koalition zur Anpassung ihrer Ausgabenprioritäten zwingt.
(L.Møller--DTZ)