Expertenkommission fordert Verdopplung der Investitionen in den Schienenverkehr
Eine Expertenkommission der Bundesregierung fordert eine Verdopplung der Investitionen in den Gleisausbau. Um kurzfristige Engpässe im Schienenverkehr zu beseitigen, müsse der Bund seine Mittel von aktuell jährlich 1,6 Milliarden auf mittelfristig mehr als drei Milliarden Euro steigern, schreibt das Zukunftsbündnis Schiene in seinem Zwischenbericht, der der Nachrichtenagentur AFP am Montag vorab vorlag. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will den Bericht am Dienstagabend in Berlin vorstellen.
Die Bundesregierung will laut aktuellem Koalitionsvertrag bis 2030 die Zahl der Bahnfahrer verdoppeln und gleichzeitig auch mehr Güterverkehr auf die umweltfreundliche Schiene verlagern. Helfen soll dabei die Einrichtung des sogenannten Deutschland-Takts - eines Fahrplans, bei dem alle Züge aufeinander abgestimmt fahren. Das soll Verspätungen und Umsteigezeiten minimieren. Allerdings fehlt es dafür an Gleisen, wie die Vertreter von Branchenfirmen und Verbänden feststellen.
Wie die Experten bemängeln, hat sich das Schienennetz in Deutschland von 44.600 Kilometern im Jahr 1994 auf 38.500 Kilometer verkürzt. Zudem ballt sich die Hauptlast der Verkehrs auf wenigen Strecken. "Besonders belastet sind auch die Großknoten des Schienennetzes, etwa die Großknoten Köln, Frankfurt am Main, Hannover oder Hamburg", steht in dem Bericht. "Dort treten circa 20 bis 25 Prozent der sogenannten Zugfolgeverspätungen auf, wenn Züge aufgetretene Verspätungen nicht mehr abbauen können und diese in der Folge auf andere Züge übertragen."
In den kommenden Jahren werde die Belastung dieser Engstellen weiter steigen. Um für Entlastung zu sorgen, müsste die Bahn insgesamt zwölf bereits geplante Maßnahmen "mit höchster Priorität" umsetzen. "Ziel muss es sein, das Schienennetz an den neuralgischen Punkten und Strecken schnellstmöglich für die zu erwartende Nachfrage auszubauen und an die Erfordernisse des Deutschland-Takts anzupassen beziehungsweise die bestehenden Engpässe zu beseitigen", fordern die Bündnismitglieder. Dafür seien insgesamt 30 Milliarden Euro nötig.
Doch damit nicht genug: "Darüber hinaus werden sich die noch zu bestimmenden Maßnahmen zur Umsetzung des Deutschland-Takts und notwendiger Elektrifizierungsvorhaben im Mittelbedarf niederschlagen." So müssen etwa hunderte Stellwerke digitalisiert werden. Das würde auch Personal einsparen, denn bereits heute leide die Netzbetreiberin DB Netz unter Fachkräftemangel.
Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, erklärte dazu: "Ohne deutlich mehr Investitionen in die Gleisinfrastruktur wird es keinen Wow-Effekt geben." Die Arbeit der Expertenkommission sei mit dem Zwischenbericht "noch lange nicht am Ziel". "Insbesondere beim Thema Personal und Fachkräfte haben wir noch eine weite Wegstrecke vor uns."
Abgesehen von den zusätzlichen Investitionen in die Schiene empfehlen die Experten in dem Zwischenbericht auch, dass der Bund stärker in dem Zuständigkeitsgemenge aus unterschiedlichen staatlichen Stellen und Branchenakteuren steuern soll. Die Beteiligten sollten außerdem stärker für das Projekt werben: "Der Deutschland-Takt bedarf einer prägnanten, Neugier weckenden und zugleich ehrlich-realistischen Kommunikation." Slogans wie "öfter, schneller, überall" und eine Betonung der Vorteile für die Gesellschaft sollten den Widerstand gegen Neubauprojekte in der Bevölkerung mindern.
(P.Vasilyevsky--DTZ)