Streit über Grundsteuer könnte Reform weiter verzögern
Der anhaltende Streit zwischen dem Bundesfinanzministerium und Bayern über die Grundsteuer könnte die Reform weiter verzögern. Das Kabinett werde sich erst nach einer Expertenanhörung zu einer möglichen Öffnungsklausel mit dem Gesetzentwurf befassen, sagte ein Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) am Donnerstag. Diese ist für Freitag kommender Woche geplant. In der aktuellen Fassung geht das Gesetz laut "Bild"-Zeitung nicht in die Ressortabstimmung.
Die Grundsteuer muss nach einem Gerichtsurteil bis Ende dieses Jahres neu geregelt werden, weil die zur Berechnung herangezogenen Einheitswerte veraltet sind. Scholz bevorzugt ein wertabhängiges Modell, bei dem unter anderem auch die Mietkosten, das Baujahr des Gebäudes und die Bodenrichtwerte berücksichtigt werden sollen. Die Mehrheit der Finanzminister der Länder einigte sich im März auf einen Kompromiss für ein solches wertabhängiges Modell.
Vor allem Bayern sträubt sich allerdings dagegen und plädiert für eine Berechnung nach der Fläche. Das CSU-Land fordert eine Öffnungsklausel, die den Ländern die Möglichkeit zu eigenen Regeln geben soll.
Die dazu vorgesehene Expertenanhörung finde am 10. Mai im Finanzministerium statt, danach solle der Gesetzentwurf ins Kabinett kommen, hieß es in Berlin. Neben Scholz sollen mehrere Landesminister an dem Treffen teilnehmen, der "Bild"-Zeitung zufolge sind es Scholz’ Kollegen aus Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz, außerdem vier Verfassungsexperten.
Die Darstellung der Zeitung, das Kanzleramt habe den Gesetzentwurf von Scholz "endgültig gestoppt" und der Minister müsse sich vor einer Kabinettsbefassung mit Bayern einigen, wies das Ministerium zurück. Der Entwurf sei nicht gestoppt worden, die Ressortabstimmung sei "seit längerem eingeleitet". Es sei zudem "immer klar gewesen", dass sich das Kabinett erst nach der Expertenanhörung damit befassen werde. Der Gesetzentwurf hatte eigentlich Ende April beschlossen werden sollen.
Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) warnte vor einem Wegfall der Steuer, die den Kommunen jährlich 14 Milliarden Euro einbringt. "Der offen geführte Streit der Bundesregierung gefährdet eine der wichtigsten Einnahmequellen unserer Kommunen", erklärte Görke. Jede Verzögerung der Reform sei ein "Spiel mit dem Feuer" und die Folgen müssten die Kommunen ausbaden, nicht der Bund. Brandenburg könne den Wegfall der Steuer nicht kompensieren.
Seine rheinland-pfälzische Kollegin Doris Ahnen (SPD) forderte Bayern auf, "sich zum Wohle der gesamtstaatlichen Interessen verantwortlich in den Reformprozess einzubringen und taktische Interessen zurückzustellen". Der vorliegende Gesetzentwurf sei praktikabel und gerecht und berücksichtige soziale Komponenten.
Die Grünen forderten rasche Planungssicherheit. Finanzexperte Stefan Schmidt bezeichnete das "ewige Hin und Her" als "fatales Signal" angesichts der schwindenden Zeit für die Reform. Er warnte zudem vor einer Länderöffnungsklausel, die zu einer "denkbar ungerechten Ausgestaltung der Grundsteuer" führen könne.
Der Immobilienwirtschaftsverband ZIA forderte, eine Öffnungsklausel nur dann zuzulassen, "wenn hierdurch das jeweilige Modell vereinfacht wird". Außerdem mahnte er zur Eile: Nötig sei "dringend ein Gesetz", mit dem sowohl Kommunen, Nutzer und Vermieter vernünftig arbeiten und wirtschaften könnten. Die Höhe der Grundsteuer ist auch für Immobilienbesitzer und letztlich Mieter entscheidend, denn Eigentümer dürfen sie auf die Miete umlegen.
(P.Vasilyevsky--DTZ)