In jedem vierten Beschäftigungsverhältnis werden Niedriglöhne gezahlt
Ungeachtet der guten Lage am Arbeitsmarkt werden in rund jedem vierten Beschäftigungsverhältnis in Deutschland Niedriglöhne gezahlt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor, die AFP am Montag vorlag. Dies sei "nicht nur für alle betroffenen Beschäftigten eine individuelle Katastrophe, sondern birgt auch gesellschaftlich gewaltigen sozialen und politischen Sprengstoff", warnte Linken-Fraktionsvizechefin Susanne Ferschl, die die Anfrage gestellt hatte.
"Wenn in jedem vierten Beschäftigungsverhältnis mit Niedriglöhnen bezahlt wird, dann muss Politik handeln", forderte sie. Der Antwort der Bundesregierung zufolge gibt es in Deutschland gut neun Millionen Beschäftigungsverhältnisse mit Niedriglöhnen, wenn auch Nebentätigkeiten berücksichtigt werden. Dies entspricht demnach einer Niedriglohnquote von 24,5 Prozent.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bezieht sich dabei auf Angaben des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), das Daten des soziooekonomischen Panels für das Jahr 2017 auswertete. Die Forscher hatten bereits Anfang April mitgeteilt, dass der Niedriglohnsektor in Deutschland größer sei als bislang angenommen und im europäischen Vergleich einer der größten. Überdurchschnittlich betroffen sind demnach junge Erwachsene, Frauen, Migranten und Ostdeutsche.
Als Niedriglöhne werden gemäß einer Konvention der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Bruttostundenlöhne bezeichnet, die geringer als zwei Drittel des sogenannten Medianstundenlohns aller Beschäftigten in Deutschland sind - für 2017 sind das dem DIW zufolge 10,80 Euro.
Dieser mittlere Stundenlohn teilt Arbeitnehmer dabei in zwei gleich große Gruppen, eine oberhalb und eine unterhalb des Medians. Nicht zu verwechseln ist dieser Medianlohn mit dem Durchschnittslohn, bei dem die Summe der Löhne durch die Summe aller Arbeitnehmer geteilt wird. Der Durchschnittslohn liegt laut DIW deutlich oberhalb des Medianlohns, da hierbei relativ wenige Menschen mit hohen Löhnen den Durchschnitt nach oben ziehen können.
Durch die Hartz-Gesetzgebung sei der Druck auf die Löhne verschärft und "jede Arbeit zumutbar" geworden, kritisierte Ferschl. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse hätten "die Belegschaften gespalten und Gewerkschaften geschwächt". Nötig sei nun neben der Abschaffung von Hartz IV eine Regulierung des Arbeitsmarktes durch ein Verbot sachgrundloser Befristungen und von Leiharbeit.
(W.Uljanov--DTZ)