Deutsche Tageszeitung - Menschen in Starnberg haben doppelt so viel Geld zur Verfügung wie in Gelsenkirchen

Menschen in Starnberg haben doppelt so viel Geld zur Verfügung wie in Gelsenkirchen


Menschen in Starnberg haben doppelt so viel Geld zur Verfügung wie in Gelsenkirchen
Menschen in Starnberg haben doppelt so viel Geld zur Verfügung wie in Gelsenkirchen / Foto: ©

Von gleichwertigen Lebensverhältnissen ist die Bundesrepublik einer Studie zufolge weit entfernt: In Starnberg haben die Menschen pro Kopf mehr als doppelt so viel Geld zur Verfügung wie im Schlusslicht Gelsenkirchen. In dem Landkreis nahe München erreichen die durchschnittlich verfügbaren Einkommen 34.987 Euro pro Jahr - in der Ruhrgebietsstadt sind es hingegen nur 16.203 Euro.

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Für die am Mittwoch veröffentlichte Untersuchung zu den 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten werteten Forscher des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung die jüngsten offiziellen Einkommens-Daten aus. Für die gesamte Bundesrepublik ergibt sich dabei ein durchschnittliches verfügbares Einkommen von 23.295 Euro pro Kopf. Gemeint ist damit das Geld, das Privathaushalte abzüglich Steuern, Sozialabgaben und Sozialtransfers für den Konsum ausgeben oder aber sparen können.

Wie viel Geld ein Privathaushalt zur Verfügung hat, hängt dabei stark von seiner geografischen Lage ab. Neben Teilen des Ruhrgebiets, des Saarlands und von Niedersachsen liegt vor allem Ostdeutschland knapp 30 Jahre nach der Wiedervereinigung weiterhin deutlich zurück: Nur in sechs von 77 Kreisen oder kreisfreien Städte - also rund acht Prozent - haben dort die Einwohner jährlich mehr als 20.000 Euro zur Verfügung. In Westdeutschland sind es mit 284 von 324 Kreisen und Städten rund 88 Prozent.

Immerhin: Nach Abzug der Preissteigerung sind die verfügbaren Einkommen seit der Jahrtausendwende im Osten mit 13,9 Prozent stärker gewachsen als im gesamtdeutschen Durchschnitt, für den von 2000 bis 2016 ein Plus von 12,3 Prozent verzeichnet wurde. Lag das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen zur Jahrtausendwende im Osten noch bei 81,5 Prozent des Westniveaus, waren es 2016 somit knapp 85 Prozent.

Gegen den Trend gingen in insgesamt 33 Kreisen und Städten die durchschnittlichen verfügbaren Einkommen seit der Jahrtausendwende zurück. Den stärksten inflationsbereinigten Verlust verzeichnete hierbei das hessische Offenbach - dort sanken die durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen um 8,7 Prozent.

Den bundesweit stärksten Anstieg gab es hingegen im baden-württembergischen Heilbronn, wo das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen seit der Jahrtausendwende real um 43 Prozent zulegte. Mit 32.366 Euro im Jahr erreicht Heilbronn inzwischen bundesweit Platz zwei.

Allerdings, erklärten die WSI-Forscher, dürfte dies auch damit zu tun haben, dass in Heilbronn mehrere sehr reiche Menschen gemeldet sind, die den allgemeinen Durchschnitt vor allem in kleineren Städten deutlich nach oben treiben können - darunter der Milliardär Dieter Schwarz, dem der Discounter Lidl gehört.

Keine Aussage treffen lässt sich mit den durchschnittlich verfügbaren Einkommen überdies dazu, wie unterschiedlich etwa die Lebenshaltungskosten beispielsweise in Starnberg oder Gelsenkirchen sein können.

Beim Blick auf Deutschlands 15 größte Städte zeigt sich ebenfalls eine deutliche Spreizung: Während München, Stuttgart, Düsseldorf und Hamburg dem Haushaltseinkommen nach zu den obersten 20 Prozent Deutschlands gehören, finden sich Leipzig und Duisburg innerhalb der unteren 20 Prozent.

Der Paritätische Wohlfahrsverband reagierte tief besorgt auf die Studie und warnte vor "regionalen Armutsspiralen". Deutschland sei nicht nur sozial, sondern auch regional ein "zutiefst zerrissenes Land", kritisierte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. "Der armutspolitische Graben verläuft zwischen Süddeutschland und dem Rest der Republik", erklärte er. "Manche Regionen wie das Ruhrgebiet befinden sich seit Jahren in einer Armutsspirale, aus der sie aus eigener Kraft kaum noch herauskommen können".

Nötig sei eine umfassende Unterstützung der von Armut besonders betroffenen Regionen. Der "Teufelskreis" zwischen hohen Armutszahlen und wegbrechenden kommunalen Dienstleistungen von Jugendzentren, über Schwimmbäder und Bibliotheken bis zu Gesundheitszentren, könne nur durch gezielte Regionalhilfen des Bundes und der Länder durchbrochen werden.

(A.Stefanowych--DTZ)

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